Kassenärzte dürfen Behandlungen ablehnen
NEU-ISENBURG (juk). Entgegen der Ansicht mancher Kassenvorstände sind Vertragsärzte nicht dazu verpflichtet, alle Menschen, die in die Praxis kommen, zu behandeln.
Veröffentlicht:Der Vorstandschef der Kaufmännischen Krankenkasse, Ingo Kailuweit, lehnte sich weit aus dem Fenster, als er sich am Mittwoch gegenüber der Deutschen Nachrichtenagentur dpa zu den angeblich über 1000 Ärzten äußerte, die Patienten nur gegen Vorkasse oder gar nicht behandeln (wir berichteten). "Ein Kassenarzt, der die Behandlung verweigert, schadet damit nicht nur seinem Berufsstand, sondern handelt schlichtweg rechtswidrig", zitierte dpa Kassenchef Kailuweit.
Pauschal rechtswidrig sei jedoch nicht jede abgelehnte Behandlung, stellt Arztrechtler Udo Schieferstein aus Mainz klar. Die Behandlungspflicht, die Vertragsärzte bei GKV-Versicherten haben, gehe nicht soweit, dass wirklich jeder Patient ins Sprechzimmer gebeten werden muss. "Die Grenze ist das, was machbar und im üblichen Rahmen ist", so Schieferstein.
Daraus folgt: Wenn kein Notfall vorliegt und das Wartezimmer so voll ist, dass der Arzt bis in den späten Abend behandeln müsste, kann er einen Versicherten nach Hause oder zu einem Kollegen schicken. Auch ein Arzt brauche schließlich mal Feierabend.
Für Ärzte mit Bestellpraxen ist es sogar noch leichter, Versicherte ohne Termin abzulehnen. "Denn die einbestellten Patienten kann man ja nicht beliebig lange warten lassen. Sonst läuft der Arzt Gefahr, dass er sich schadenersatzpflichtig macht und Patienten zum Beispiel Lohnausfall erstatten muss", warnt Schieferstein.
Vertragsärzte, die GKV-Versicherte nur gegen Vorkasse behandeln, handeln in jedem Fall rechtswidrig.
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