Niedersachsens Ärzte bekommen Regress-Post

Arzneimittelregresse aus dem Jahr 2007 flattern in den nächsten Tagen in die Briefkästen mancher Vertragsärzte.

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HANNOVER (cben). Demnächst müssen in Niedersachsen vor allem Hausärzte mit Post rechnen, die sie auf die Palme bringen dürfte. Es handelt sich um die verspäteten Arzneimittelregressandrohungen für das Jahr 2007. Die Ärzte sind nun in ernsthafter Bredouille. Sie haben nur noch vier Wochen Zeit, um Stellung zu nehmen. Mitten in der Hochsaison der Schweinegrippeimpfungen und kurz vor der Weihnachtszeit müssen sie Nachtschichten schieben, um ihre Stellungnahmen zu erarbeiten und zu begründen.

Regress-Summe beläuft sich auf 23,1 Millionen Euro

Betroffen sind 378 Praxen mit einer Gesamtregress-Summe von 23,1 Millionen Euro, so die KV Niedersachsen (KVN). Der Spanne der Einzelregresse liege zwischen 500 und 820 000 Euro pro Praxis. Die KVN protestierte vergangene Woche energisch gegen das Ansinnen der Kassen, noch in diesem Jahr alle Arzneimittelregresse 2007 durchzudrücken und warf ihnen Schlamperei vor. "Es ist ein Skandal", so Dr. Volker Steitz, Vize der KVN. Es bestünden "erhebliche Zweifel an der Korrektheit der Datengrundlage."

Obwohl die Kassen zwei Jahre Zeit hatten, sind erst im März die Daten an die Prüfungskommission geliefert worden - und zwar lückenhaft, wie auch Hanno Kummer, Sprecher des Verbands der Ersatzkassen (vdek) Niedersachsen einräumt. Die Prüfungskommission hatte daraufhin die Daten zurückgeschickt und sie im Juni erneut und korrigiert erhalten. Später waren offenbar die Versichertennummern verschlüsselt und nicht mehr zuzuordnen, was weitere Verzögerungen zur Folge hatte, hieß es bei der KV.

KV bemängelt Qualität der Datenbasis

Nach Lesart der KVN habe die Prüfungsstelle nach wie vor rechtliche Bedenken gegen die Einleitung einer Richtgrößenprüfung auf der vorhandenen Datenbasis. "Es ist unzumutbar und mit rechtstaatlichen Grundsätzen unvereinbar, im Blindflug Regresse in zum Teil existenzgefährdender Höhe auszusprechen - wissend, dass diese rechtlich kaum Bestand haben dürften", sagte Steitz. Tatsächlich droht die Verfristung, wenn die Prüfung nicht bis zum Jahresende abgeschlossen ist.

Hanno Kummer vom vdek widersprach. Die Datenforderung sei kein Blindflug, die Prüfstelle "hatte keinerlei Bedenken mehr gegen die Datenqualität", so Kummer, "aber die KVN hat offenbar Bedenken."

Zudem entstehe den Ärzten "kein realer Nachteil, auch wenn es zeitliche Verzögerungen gegeben hat." Durch die knapp viermonatige Verspätung "entfällt nicht die Anhörungsfrist zur Stellungnahme der Ärzte, sondern nur die Möglichkeit zur vierwöchigen Verlängerung dieser Frist", so Kummer.

Auch wenn das Verfahren juristisch in Ordnung sei, drohe es nun in vielen Fällen in den Beschwerdeausschuss verlagert und damit verteuert zu werden, hieß es bei der KV. Viele Ärzte würden die Fristen wegen der Hochsaison in ihren Praxen unmöglich einhalten können. Die Folge: Einsprüche beim Beschwerdeausschuss seien vorprogrammiert - "lauter Verfahren, die man schon Monate vorher hätte begraben können", so eine Sprecherin der KVN, "wenn nur die Kassen rechtzeitig geliefert hätten."

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