Homöopathie für Kinder auf Kassenrezept

Nur wenige Homöopathika sind nach der Arzneimittelrichtlinie als unwirtschaftlich anzusehen. Aber auch wenn für sie die Vermutung der Unwirtschaftlichkeit besteht: In begründeten Fällen können sie Kindern und Jugendlichen trotzdem auf Kassenrezept verordnet werden.

Von Frank A. Stebner Veröffentlicht:
Werden homöopathische Mittel auf Rezept trotz vermuteter Unwirtschaftlichkeit verordnet, ist dies besonders zu begründen.

Werden homöopathische Mittel auf Rezept trotz vermuteter Unwirtschaftlichkeit verordnet, ist dies besonders zu begründen.

© Foto: otisthewolfwww.fotolia.de

Nicht verschreibungspflichtige homöopathische Arzneimittel sind nebenwirkungsarm und werden gerne in der Pädiatrie und Allgemeinmedizin bei Kindern angewendet. Der Gesetzgeber öffnet hierzu die Verschreibung per Kassenrezept, und zwar für versicherte Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr und für versicherte Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr.

Unwirtschaftlich? Dazu gibt Anlage III Hinweise

Was müssen Praxischefs bei der Verordnung beachten? Zunächst einmal gilt, dass homöopathische Arzneimittel zur vertragsärztlichen Versorgung gehören (das bekräftigt ausdrücklich Paragraf 5 der Arzneimittelrichtlinie). Darüber hinaus ist aber darauf zu achten, ob die Verordnung nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel für Kinder und Jugendliche vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) als unwirtschaftlich eingestuft wird. Hinweise dazu finden sich in der Anlage III der Arzneimittelrichtlinie. Ärzte sollten dabei aber immer genau prüfen, ob von den dort erwähnten "Arzneimitteln" die betreffenden homöopathischen Arzneimittel auch tatsächlich erfasst werden.

Manche Beispiele passen nicht auf Homöopathika

Ein Beispiel: Unter Nummer 18 der Anlage III wird die Verschreibung von "Antiphlogistika oder Antirheumatika in fixer Kombination mit anderen Wirkstoffen" auch für Kinder und Jugendliche als unwirtschaftlich dargestellt. Homöopathische Antiphlogistika wie Traumeel S enthalten aber ausschließlich homöopathische Bestandteile mit der Wirkrichtung Entzündungsregulation und keine "anderen Wirkstoffe". Die Nummer 18 der Anlage III passt also auf homöopathische Antiphlogistika nicht. Ihre Verordnung ist damit nicht als unwirtschaftlich anzusehen.

Zudem gibt es zugelassene oder registrierte Homöopathika. Registrierte Arzneimittel sind an der fehlenden Indikation zu erkennen. Für diese Produkte sind die Hinweise in der Anlage III überhaupt nicht anwendbar.

Wird ein homöopathisches Arzneimittel von der Unwirtschaftlichkeitsvermutung der Anlage III erfasst (etwa von Nummer 46: "Umstimmungsmittel und Immunstimulantien zur Stärkung der Abwehrkräfte"), handelt es sich um eine Empfehlung des GBA und allgemeine Vermutung. Das heißt konkret: Ein Kassenrezept kann für Kinder und Jugendliche ausgestellt werden, wenn es Ärzte für begründet halten. Dies ergibt sich aus dem Gesetz (Paragraf 31 Absatz 1 SGB V) und wird vom Gemeinsamen Bundesausschuss im Vorspann der Anlage III bekräftigt.

Medizinische Gründe für ein Kassenrezept sind zum Beispiel bei Immunstimulantien die erfolglose Anwendung allgemeiner nicht medikamentöser Maßnahmen, wie Lebensführung und körperliches Training. Die Verordnungsbegründung ist kurz zu dokumentieren. Sie ist eine individuelle ärztliche Beurteilung im Einzelfall, für die ein Beurteilungsspielraum des Vertragsarztes anhand der Diagnose besteht.

Dr. Frank A. Stebner ist Fachanwalt für Medizinrecht in Salzgitter.

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