Mit Sammelbussen ins Ärztehaus der Zukunft

Öffnungszeiten an sechs Tagen die Woche von früh morgens bis in den Abend hinein: Auf der Medica wurde über die Hausarztpraxis der Zukunft nachgedacht.

Von Katrin Berkenkopf Veröffentlicht:

DÜSSELDORF. In ländlichen Gebieten geht der Trend zu größeren, zentralen Einheiten in der Gesundheitsversorgung. "Es wird einen räumlichen Konzentrationsprozess geben", sagte der Wiesbadener Rechtsanwalt Hans-Joachim Schade auf der Medica Juristica am Rande der Medica in Düsseldorf. Dies sei ein Lösungskonzept, um dem Ärztemangel auf dem Land zu begegnen, erklärte Schade. Auch international sind sich Fachleute darin einig, dass die Hausarztpraxis der Zukunft größer sein wird als heute.

Die Ärztehäuser und Gesundheitszentren von morgen könnten an sechs Tagen in der Woche von früh morgens bis in den Abend hinein geöffnet haben und damit eine Versorgung anbieten, die eine einzelne Praxis nicht leisten kann. Eine solche Betreuung könne überdies auch die Zahl der Falscheinweisungen in Kliniken senken, sagte Schade.

Andere Leistungserbringer sind im gleichen Haus tätig

In solchen Zentren werden nicht nur Mediziner, sondern auch andere Leistungserbringer tätig sein. Gerade ältere Patienten, die den Weg zum Arzt nicht mehr alleine schaffen, werden mit Sammelbussen zu den Einrichtungen gefahren und können auf dem Weg auch noch ihre Einkäufe erledigen - so sieht das Zukunftsszenario des Wiesbadener Medizinrechtlers aus.

Das alles müsse nicht zum Nachteil der Ärzte sein. Schließlich strebten viele junge Mediziner ohnehin nicht mehr die kostspielige Übernahme einer bestehenden Praxis an, um dann mit dem Risiko einer freiberuflichen Tätigkeit zu leben. "Die heute in den Beruf kommen, haben ganz andere Vorstellungen als früher." Sie suchten vor allem finanzielle Sicherheit. Bei der Arbeit wollten sie sich auf die medizinische Tätigkeit konzentrieren und nicht auf die organisatorischen Erfordernisse einer Praxis.

An der Schwierigkeit, städtische Ärzte aufs Land zu locken, würden auch Zuschüsse zur Niederlassung nichts ändern, meinte Schade. Statt für solche Aktionen Geld auszugeben, sollte man es lieber den Medizinern erleichtern, aus der Stadt in die neuen Arztzentren zu pendeln, beispielsweise durch Unterstützung bei den Fahrtkosten oder durch die Übernahme von Betreuungskosten für die Kinder am Heimatort.

Ein Beispiel für Kooperationen nannte Rechtsanwalt Dirk Hartmann von der Kanzlei Broglie Schade & Partner in Wiesbaden. Drei Mandanten haben sich für die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft entschieden, zwei von ihnen konservative Orthopäden, einer Operateur. Durch den Zusammenschluss versprachen sie sich nicht nur eine bessere Verhandlungsposition gegenüber den Krankenkassen. "Die zwei konservativen Orthopäden befürchteten, als klassische Einzelkämpfer auf Dauer nicht überleben zu können", so Hartmann. Der Operateur sichert sich den Zugang zu Patienten und verhindert neue Konkurrenz.

Wer eine solche Zusammenarbeit beginne, könne die eigene Praxis erst einmal als Sonderbetriebsvermögen behalten, damit nicht gleich alle Partner Zugriff haben, erklärte Hartmann. Später könne man sie noch immer in gemeinsames Betriebsvermögen umwandeln. Die möglicherweise mühsame Suche nach einem Nachfolger für die Praxis werde in einer solchen Konstellation überflüssig.

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