Am Sonntag könnte für eine der größten Arztpraxen Schluss sein

337 000 Euro Regress für 2002, verrechnet mit den GKV-Einnahmen ab dem ersten Quartal 2010 - so lautet kurz gefasst die Botschaft, die Dr. Volker Eissing von seiner KV erhalten hat. Der 10. Januar könnte das Aus für die Hausarztpraxis bedeuten.

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Hausarzt Dr. Volker Eissing will im Kampf gegen die drohende Insolvenz seiner 5000-Scheine-Praxis alle juristischen Register ziehen. © cben

Hausarzt Dr. Volker Eissing will im Kampf gegen die drohende Insolvenz seiner 5000-Scheine-Praxis alle juristischen Register ziehen. © cben

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Von Christian Beneker

PAPENBURG. Jetzt wird es eng. Hausarzt Dr. Volker Eissing aus Papenburg hat von der KV Niedersachsen (KVN) eine Regressforderung des Niedersächsischen Beschwerdeausschusses über rund 337 000 Euro für das Jahr 2002 erhalten. Die Abschlagszahlungen werden ab 1/2010 mit der Forderung verrechnet, so die KVN. Damit könnte eine der größten Hausarztpraxen des Landes stranden.

"Da ich 23 Mitarbeiter habe, ist die Liquidität am 10. Januar aufgebraucht, und die Praxis muss in die Insolvenz", schreibt Eissing der "Ärzte Zeitung" und nennt das Vorgehen der KV "Wild-West-Methode". Er hat per Eilantrag Rechtschutz beantragt. Nachdem eine Forderung von Eissing für das Jahr 2001 über rund 145 000 Euro (wir berichteten) vom Sozialgericht vor allem wegen schlechter Datenqualität der Kassen auf Eis gelegt wurde, dürfte dieser Weg aktuell versperrt sein. "Die Datenqualität ist 2002 deutlich besser", sagte Eissings Hamburger Anwalt Jörg Hohmann zur "Ärzte Zeitung". "Wir müssen darauf bauen, dass die Richter die Praxisbesonderheiten als Grund für den Aufschub der Regressanordnung anerkennen." Da dies für die Richter schwieriger sei, als nur die Datenqualität zu bemängeln, stehen die Chancen schlechter als noch bei der letzten Forderung. Im Zweifel muss der Arzt mit seinem Privatvermögen für die Regressforderungen geradestehen, will sagen: sein Haus verkaufen.

Eissing indessen sieht sich zu Unrecht in die Enge getrieben. "Es gibt viel zu wenige Hausärzte in unserer Region. Deshalb müssen die anderen um so mehr arbeiten, um bei uns überhaupt noch eine hausärztliche Versorgung zustande zu bringen. Ich habe eben erst die 5000-Scheine-Grenze überschritten!", so Eissing. Der Hausarzt, der zusammen mit einem Kollegen seine Großpraxis betreibt, dürfte nach Niedersächsischer Regelung nur 1840 Patienten behandeln. Mit anderen Worten: Wenn er schließen muss, müsse die KV sechs zusätzliche Hausärzte finden, um seine Arbeit zu ersetzen.

Der Kollege hat sich per Gutachten die Besonderheit seiner Praxis bescheinigen lassen. Darauf stützt er seine "Forderung nach einer Praxisindividuellen Richtgröße". Dieses Ansinnen sei jedoch bereits abgelehnt worden, so Eissing.

Die KVN indessen argumentiert knapp und streng juristisch: "Zunächst einmal sind die Rückforderungen keine Sache der KV", so ein Sprecher, "außerdem gilt: Wenn Herr Dr. Eissing früher ein einstweiliges Rechtschutzverfahren beantragt hätte, wäre das nicht passiert."

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