Die E-Fallakte mausert sich zum Standard

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Die elektronische Fallakte (eFA) könnte bald der Standard für die Kommunikation zwischen Kliniken und niedergelassenen Ärzten werden. Denn für den Einsatz in der Praxis brauchen Ärzte nicht viel Technik vorzuhalten.

HANNOVER (reh). Während das Projekt elektronische Gesundheitskarte (eGK) bisher eher schleppend voranschreitet, wird es beim Projekt elektronische Fallakte (eFA) nun vor allem für niedergelassene Ärzte interessant.

Befüllt und gelesen wird die elektronische Fallakte von Praxen und ...

Befüllt und gelesen wird die elektronische Fallakte von Praxen und ...

© Klaro

Denn sie sollen künftig über einfache "EDV-Stecker-Lösungen" oder gar das KV-SafeNet die elektronischen Akten gemeinsam mit Kliniken füllen und lesen können.

Was es nicht geben wird - so die deutliche Botschaft von Jörg Meister, stellvertretender Geschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft auf der TeleHealth in Hannover -, sei eine zentrale Speicherung von Patientendaten.

Ausgetauscht würden ausschließlich fallrelevante Daten, und die blieben, was die primäre Speicherung betrifft, bei dem Leistungserbringer, der sie erstellt habe.

Das funktioniert, weil die elektronische Fallakte auf einer Web-Technologie basiert. Und gerade diese Technologie macht es möglich, dass auch niedergelassene Ärzte relativ einfach in die Kommunikation über die Akte eingebunden werden können.

Wobei, darauf wies Volker Lowitsch, erster Vorsitzender des Vereins elektronische Fallakte e.V., hin, eFA kein eigenes IT-Produkt sei. Mit eFA habe man lediglich einen Standard für die sektorenübergreifende Kommunikation geschaffen. Lowitsch: "Die Umsetzung bleibt den Herstellern überlassen."

... Kliniken, die aktuelle Befunde direkt einstellen.

... Kliniken, die aktuelle Befunde direkt einstellen.

© A. Khripunkov / Fotolia.com

Und hier hätten sich bereits erste Unternehmen entschieden, eine sogenannte Stecker-Lösung beziehungsweise einen Provider-Dienst anzubieten. Lowitsch nannte Siemens, Tieto und die CompuGroup (die die Lösung für Medistar bieten wolle) als Beispiele. Die Stecker-Lösung macht es möglich, dass Ärzte die eFA direkt aus ihrer Praxissoftware mit Daten befüllen können.

Auch einzelne KVen wollen als Provider auftreten

Außerdem solle es künftig auch die Möglichkeit geben, über das KV-SafeNet auf die eFA zuzugreifen, so Lowitsch. "Es zeichnet sich ab, dass einzelne KVen überlegen, auch selbst als Provider für die elektronische Fallakte aufzutreten", berichtete der IT-Direktor des Universitätsklinikums Aachen weiter.

Laut Lowitsch wäre es zudem möglich, dass auch Kliniken die Provider-Rolle übernehmen. Leisten könnten sich das aber wohl nur die großen Häuser: "Die Kliniken müssten über eine halbe Million Euro investieren", sagte er. Allein der Aufbau der technischen Infrastruktur koste rund 445.000 Euro, die Lizenz noch einmal 100.000 Euro.

Unterscheiden werden sich die verschiedenen Provider künftig, da ist sich Lowitsch sicher, hauptsächlich durch verschiedene Mehrwertdienste wie etwa Fallkonferenzen, Telekonsile oder Mediation.

Dass es höchste Zeit ist, niedergelassene Ärzte und Kliniken technisch besser zu vernetzen, machte Lowitsch am Beispiel der Ärztenetze deutlich. "Überall schießen lokale Ärztenetze mit eigenen Portalen aus dem Boden."

Mit dem Ergebnis, dass in Richtung Klinik und auch beim Datenaustausch von der Klinik zu den Netzen Schnittstellenprobleme auftauchten. Dass die geplante Telematik-Infrastruktur, zu der auch die elektronische Gesundheitskarte gehört, dieses Problem beheben wird, glaubt Lowitsch eher nicht.

"Es wird niemand etwas darauf wetten, dass wir in den nächsten fünf Jahren eine effiziente und ausreichende Telematik-Infrastruktur haben."

Welchen - auch finanziellen Nutzen - eFA bringt, hat das Zentrum für Telematik im Gesundheitswesen (ZTG) anhand von Pilotprojekten des Uniklinikums Aachen (UKA) ermittelt. Wie ZTG-Geschäftsführer Rainer Beckers berichtete, habe man sich die Zuweisungen aus Eschweiler an die Kardiologie näher angesehen.

eFA bewährt sich auch in der Kosten-Nutzen-Analyse

Ohne den Einsatz der eFA hätten diese (vom 1. Mai 2008 bis 1. August 2009) bei 218 Fällen gelegen. Mit eFA (vom 1. September 2009 bis 31. Dezember 2010) seien die Fallzahlen um 38 Prozent angestiegen, auf 300 Fälle.

Allerdings, räumte Beckers ein, müsse noch anhand einer Befragung herausgefunden werden, inwieweit die engere Kommunikation durch die eFA für die erhöhten Zuweisungen ausschlaggebend gewesen sei.

Gleichzeitig sei in denselben Beobachtungszeiträumen die durchschnittliche Verweildauer der Patienten aus Eschweiler in der Kardiologie des UKA von 16,8 auf 13,9 Tage gesunken. Für die Kardiologie-Abteilung bedeute das nun, dass zusätzliche Behandlungsfälle möglich wären.

Beckers rechnete vor: Zunächst müsse man die möglichen zusätzlichen Behandlungstage erfassen. Bei 1242 Fällen ohne eFA und einer Verweildauer von 16,9 Tagen seien in der Abteilung insgesamt 20.865,6 Behandlungstage aufgelaufen.

Mit eFA seien es nur 17.263,8 Behandlungstage gewesen (1242 Fälle x Verweildauer von 13,9 Tagen). Damit wären mit der eFA aufgerundet 3602 zusätzliche Behandlungstage möglich. Bei einer Verweildauer von 13,9 Tagen mit eFA (3602 :13,9) wären das 259 mögliche zusätzliche Fälle.

Und die erhöhten die Honorareinnahmen der Abteilung bei einem Case-Mix-Index der Kardiologie-Abteilung von 5,858 und einem Abteilungs-Basisfallwert von 2895 immerhin um 4.392.358 Euro (5,858 x 2895 x 259).

Auch wenn es sich hier nur um Daten aus Pilotprojekten handele: Die Ergebnisse sprechen laut Beckers dafür, dass mittelfristig durch die eFA eine positive Kosten-Nutzen-Bilanz möglich ist. Das ZTG wolle in jedem Fall weiter Daten sammeln.

Lesen Sie dazu auch: Alle Ärzte greifen auf die Daten zu

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