Praxis adé: Hausarzt geht zurück in die Klinik

Klinik, Praxis und schließlich wieder Klinik - auch für einen Allgemeinmediziner ist dies heute möglich. Dr. Michael Nowak hat mit dem Wechsel zurück in die Klinik gute Erfahrungen gemacht.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Oberarzt Nowak: "Der Spagat zwischen Mediziner und Unternehmer wurde in der Praxis immer schwerer."

Oberarzt Nowak: "Der Spagat zwischen Mediziner und Unternehmer wurde in der Praxis immer schwerer."

© Dirk Schnack

HEIDE. Für die meisten Ärzte ist das weitere Berufsleben mit der eigenen Niederlassung vorgezeichnet: Die Praxis wird bis zur Rente weitergeführt. So dachte auch Dr. Michael Nowak, als er sich 1990 in Lunden in Dithmarschen niederließ.

"Ich hätte mir selbst nicht träumen lassen, dass ich noch einmal in einem Akutkrankenhaus arbeiten würde", sagt Nowak.

Seit rund einem halben Jahr ist er wieder in einer Klinik - im Westküstenklinikum Heide arbeitet Nowak als Oberarzt in der Klinik für Geriatrie und Frührehabilitation. Er ist mit der neuen Tätigkeit vollauf zufrieden und beobachtet eine Reihe von Pluspunkten gegenüber der Tätigkeit in der eigenen Praxis.

Die Honorarreform hätte hohe Einbußen gebracht

Seine Einzelpraxis in Lunden hatte ein breites Spektrum, das sich aber mit den Änderungen der Honorarreform 2009 aus seiner Sicht nicht mehr lohnen würde. Er musste mit einem starken Honorarrückgang rechnen.

Deshalb beschäftigte sich Nowak mit den Bedingungen in Mecklenburg-Vorpommern, wo das Regelleistungsvolumen für Hausärzte deutlich höher lag als in Schleswig-Holstein. Kassenärztliche Vereinigung (KV) und einzelne Gemeinden warben um Hausärzte.

Nowak wagte den Schritt in das benachbarte Bundesland, auch weil seine familiäre Situation - drei Kinder waren bereits nicht mehr schulpflichtig, für das vierte stand ohnehin ein Schulwechsel an - einen Neuanfang an einem anderen Standort erlaubte.

Nowak entschied sich für eine leer stehende Praxis in Priborn im Müritz-Kreis. Dort wurden seine Erwartungen allerdings nicht erfüllt. Die Unterstützung durch die KV und durch die Gemeinde fiel nicht wie erwartet aus, und auch die Resonanz der Bevölkerung überraschte ihn.

"Die meisten Menschen blieben sehr reserviert. Ich hatte das Gefühl, dass in manchen Köpfen noch immer eine Mauer existierte. Es wurde viel über die angeblich guten alten Zeiten gesprochen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es so lange nach der Wende solche Vorbehalte gegen einen Arzt geben würde, der nicht aus Ostdeutschland stammt", sagt Nowak heute.

Er musste auch schnell erkennen, dass er sein gewohnt breites Spektrum als Hausarzt dort nicht mehr umsetzen konnte. "Die Patienten waren es gewohnt, zum Facharzt überwiesen zu werden. Das entsprach nicht meinen Vorstellungen von hausärztlicher Versorgung", sagt Nowak.

In der Klinik wird viel Bürokratie abgenommen

Er zog die Konsequenzen und wagte mit Ende 50 einen weiteren spannenden Neuanfang: zurück an eine Akutklinik. Er hatte erfahren, dass das Westküstenklinikum Heide einen erfahrenen Allgemeinmediziner suchte - und zwar für die Innere Medizin und für die Geriatrie.

Nowak entschied sich für die Geriatrie, weil hier das Spektrum dem in einer Hausarztpraxis ähnelt. Diesen Schritt hat Nowak bis heute nicht bereut, im Gegenteil. "Natürlich waren die ersten Wochen gewöhnungsbedürftig. Aber ich habe es als sehr wohltuend empfunden, nach den Jahren als Einzelkämpfer mit Kollegen zusammenarbeiten zu können", sagt Nowak.

Wichtig ist ihm auch, dass er in seiner Arbeit keinen wirtschaftlichen Druck mehr verspürt. "Der Spagat zwischen Mediziner und Unternehmer wurde in der Praxis immer schwerer", sagt Nowak.

Hinzu kommt, dass es ihm in der Klinik ermöglicht wird, sich stärker auf seine Tätigkeit als Arzt konzentrieren. Viel Dokumentation und Bürokratie wird ihm von Mitarbeitern abgenommen. Zwar fällt die Arbeitszeit nicht kürzer aus als in der Praxis, aber Nowak kann sich darauf verlassen, dass sein Feierabend diesen Namen auch verdient hat.

Auf die Frage, was er an der Praxis vermisst, muss Nowak lange nachdenken. "Nicht viel", lautet die Antwort. Nowak führt das darauf zurück, dass sein jetziges Arbeitsspektrum dem in der Praxis so ähnelt. "Manchmal würde ich mir aber schon auch mal junge Patienten wünschen", sagt Nowak. Auch seinen Schwerpunkt Chirotherapie konnte er in der Praxis häufiger anwenden als in der Klinik.

Er kann sich vorstellen, dass der von ihm eingeschlagene Weg künftig häufiger beschritten wird - auch von Allgemeinärzten. Nowak geht derzeit davon aus, dass er bis zur Rente keinen weiteren Einschnitt im Berufsleben wagen wird. Ein Zurück in die Praxis kann er sich derzeit nicht vorstellen.

Abgesehen von seinem Intermezzo in Mecklenburg-Vorpommern zieht er über seine Zeit als niedergelassener Arzt dennoch ein positives Fazit.

"Die längste Zeit war das gut. Ich kann niemandem davon abraten, sich niederzulassen", sagt er. Wer sich aber in einer ihm unbekannten Region niederlassen will, dem rät er, sich zuvor mit der Mentalität der dort lebenden Menschen zu befassen.

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