Gastbeitrag

Ärzte dürfen sich bei Newslettern helfen lassen

Der Versand eines Themen-Newsletters per E-Mail kann dazu beitragen, Patienten besser zu informieren. Wer allerdings Dienstleister mit einbinden will, um Arbeit zu sparen, muss vor allem beim Datenschutz einiges beachten.

Von Christian Dierks Veröffentlicht:
Der Sende-Knopf ist schnell gedrückt - der Inhalt ist das Problem.

Der Sende-Knopf ist schnell gedrückt - der Inhalt ist das Problem.

© Vladislav Kochelaevs / fotolia.com

Böse Überraschung für den Internisten Dr. K. in H.: Der Datenschutzbeauftragte beanstandete den Versand eines Informationsschreibens an seine Patienten. Verstoß gegen Datenschutzrecht lautete der Vorwurf und ein Bußgeld wurde angedroht.

Wo lag der Fehler? Umfassend informierte Patienten versprechen eine bessere Compliance. Mit einem Themen-Newsletter wollte der Arzt seine Patienten informieren. Doch wie ist der Rechtsrahmen?

Erstellt und versendet der Arzt den Newsletter selbst, sind die datenschutzrechtlichen Vorgaben überschaubar. Er muss allerdings vorher eine schriftliche Einwilligungserklärung seiner Patienten einholen, damit er deren Adressdaten für den Versand des Newsletters verwenden darf.

Denn: Die Versendung des Newsletters ist weder für die Erfüllung des Behandlungsvertrages noch für die Gesundheitsvorsorge oder Behandlung "erforderlich" und kann daher nicht durch Paragraf 28 Absätze 1 und 7 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gerechtfertigt werden.

Gesundheitsdaten gelten als besonders geschützte Daten

Kann die Einwilligung auch elektronisch eingeholt werden? Im Prinzip schon. Die Ausnahmevorschrift nach Paragraf 28 Absatz 3a BDSG gilt allerdings nur für Fälle des Adresshandels oder der Werbung und findet keine Anwendung für besondere Arten personenbezogener Daten.

Zu dieser Kategorie besonders geschützter personenbezogener Daten zählen jedoch auch Gesundheitsdaten, und in Arztpraxen wird eine zweifelsfreie Abgrenzung von "einfachen" personenbezogenen Daten von Gesundheitsdaten nur schwer möglich sein.

Will der Arzt einen externen Dienstleister für das Erstellen oder Versenden der Newsletter einbinden, wird es deutlich schwieriger. Vor einer Weitergabe von Patientendaten an diesen Dritten muss der Arzt eine Einwilligung des Patienten zur Offenbarung seiner Daten einholen. Tut er dies nicht, verstößt er gegen die ärztliche Schweigepflicht (Paragraf 203 Strafgesetzbuch).

Die Daten von Versicherten der GKV sind tabu

Und so steht es im Gesetz

Bundesdatenschutzgesetz Paragraf 4: (1) Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten sind nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat.

Paragraf 28: (7) Das Erheben von besonderen Arten personenbezogener Daten (Paragraf 3 Abs. 9) ist ferner zulässig, wenn dies zum Zweck der Gesundheitsvorsorge, der medizinischen Diagnostik, der Gesundheitsversorgung oder Behandlung oder für die Verwaltung von Gesundheitsdiensten erforderlich ist und die Verarbeitung dieser Daten durch ärztliches Personaloder durch sonstige Personen erfolgt, die einer entsprechenden Geheimhaltungspflicht unterliegen.

Die Verarbeitung und Nutzung ... richtet sich nach den ... Geheimhaltungspflichten.

Aus datenschutzrechtlicher Sicht liegt eine Übermittlung personenbezogener Daten vor, die ebenfalls gerechtfertigt werden muss. Hierfür ist in der einzuholenden schriftlichen Einwilligungserklärung des Patienten auf die geplante Übermittlung an den Dienstleister hinzuweisen.

Der Dienstleister ist dabei konkret zu benennen, so dass der Patient wirksam in die Übermittlung an den Dritten einwilligen kann. Die Sache hat allerdings einen Haken: Im Bereich gesetzlich versicherter Patienten ist die Übermittlung der Patientendaten an einen Dienstleister nach geltender Rechtsprechung datenschutzrechtlich nicht einmal mit einer Einwilligungserklärung des Patienten zulässig.

Das Bundessozialgericht hat im Jahr 2008 festgehalten, dass im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V) die Weitergabe von Patientendaten durch Leistungserbringer nur dann und in dem Umfang erlaubt ist, in dem bereichsspezifische Vorschriften über die Datenverarbeitung im SGB V dies explizit erlauben.

Eine Einwilligungserklärung der Patienten ist nach Auffassung des Gerichts insofern nicht entscheidend. Da für die hier beschriebene Sachlage keine bereichsspezifische Vorschrift des SGB V vorliegt, ist die Übermittlung nach diesen Maßstäben datenschutzrechtlich also unzulässig.

Als praktikabler Ausweg bleibt die Möglichkeit, den Dienstleister ohne Preisgabe von Patienteninformationen einzubinden. Der Dienstleister kann den Newsletter inhaltlich erstellen und an den Arzt versenden. Der Arzt braucht hierzu keine Patientendaten an den Dienstleister herauszugeben. Aus datenschutzrechtlicher Sicht stellt sich der Fall dann genauso dar, wie die Situation, in der der Arzt den Newsletter selbst erstellt.

Zu beachten ist auch das Heilmittelwerbegesetz

Diese Lösung vermeidet nicht nur die Weitergabe von Informationen und personenbezogenen Daten der Patienten. Sie besticht auch dadurch, dass der Arzt "seinen" Patienten gegenüber als Absender des Newsletters auftaucht.

Neben der Schweigepflicht und dem Datenschutz hat der Arzt beim Versenden eines Newsletters auch die üblichen berufsrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Vorgaben zu beachten. Berufsrechtlich hat er dabei insbesondere Paragraf 27 (Muster-)Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ä) zu beachten, wonach sachliche berufsbezogene Informationen gestattet sind, berufswidrige Werbung jedoch untersagt wird.

Paragraf 7 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) untersagt Werbung, die der Empfänger nicht wünscht. Um den Vorwurf eines Verstoßes hiergegen zu vermeiden, empfiehlt sich ebenfalls, eine nachweisbare vorherige Einverständniserklärung der Patienten einzuholen.Nicht zuletzt hat der Arzt mitunter auch Paragraf 11 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) zu beachten, wonach für die Werbung für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel außerhalb der Fachkreise besondere Beschränkungen gelten.

Fazit: Bevor ein Arzt seine Patienten mit Hilfe eines Newsletters informieren kann, muss er sie zunächst über dieses Vorhaben selbst informieren und Einwilligungserklärungen einholen. Insbesondere im Bereich gesetzlich Versicherter ist die Einbindung externer Dienstleister nur eingeschränkt möglich.

Professor Christian Dierks ist Facharzt für Allgemeinmedizin und Fachanwalt für Sozialrecht. Er ist Mitbegründer der Kanzlei Dierks & Bohle in Berlin.

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