Wenn der Praxischef den Urlaub streicht

Ein einmal genehmigter Urlaub ist nicht unwiderrufbar. Doch Praxischefs müssen mitunter die Kosten für die Reisestornierung tragen. Aber auch Mitarbeiter können Urlaubspläne ändern.

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Wer bereits im wohlverdienten Urlaub ist, kann vom Praxichef nur unter bestimmten Bedingungen zurückgerufen werden.

Wer bereits im wohlverdienten Urlaub ist, kann vom Praxichef nur unter bestimmten Bedingungen zurückgerufen werden.

© Yuri Arcurs / fotolia.com

NEU-ISENBURG (bü). Nicht nur für Großpraxen gilt: Der zum Jahresbeginn aufgestellte Urlaubsplan regelt, welche Praxismitarbeiter wann in Ferien gehen können. Doch legt der Urlaubsplan Arbeitnehmer wie Praxischef auf die Termine fest?

Es kann doch immer mal etwas dazwischenkommen. Und: Darf der Praxischef als Arbeitgeber einen Mitarbeiter gegebenenfalls aus dem Urlaub zurückholen?

Betrachtet man zunächst die Arbeitnehmerseite, so gilt: Eine Änderung des Urlaubsplans kann verlangt werden, wenn triftige Gründe dafür vorliegen. Das ist der Fall, wenn auf Arbeitnehmerseite unvorhersehbare Vorgänge eine Verschiebung der Ferien erfordern.

Erkrankt der Arbeitnehmer zum Beispiel, so ist der Chef zu einer Verlegung des Urlaubs verpflichtet. Auch andere persönliche Gründe der Mitarbeiter, etwa ein Sterbefall in der Familie, können ein Anlass sein, zu einem anderen Termin in Ferien zu fahren.

Ein Arbeitnehmer kann aber auch in weniger schwerwiegenden Fällen eine Urlaubsverlegung verlangen. Das Bundesurlaubsgesetz geht nämlich von der Berücksichtigung seiner Urlaubswünsche aus.

Die betrieblichen Interessen sind zwar ebenfalls einzubringen - diese jedoch erst in zweiter Linie. Deshalb hat der Arbeitgeber einem Änderungswunsch des Mitarbeiters zu entsprechen, wenn das zumutbar ist, wenn also keine betrieblichen Schwierigkeiten daraus entstehen.

Praxischefs dürfen spontane Urlaubssperre aussprechen

Andererseits kann auch der Arbeitgeber Urlaubsverlegungen in der Praxis durchsetzen. Etwa dann, wenn durch Erkrankung oder unvorhergesehenes Ausscheiden von Mitarbeitern der festgelegte Urlaubsplan nicht eingehalten werden kann.

Das gilt auch, wenn plötzlich ein besonders hohes Krankheitsaufkommen oder eine Pandemie für ein unvorhersehbar hohes Patientenaufkommen in der Arztpraxis sorgen.

Allerdings darf es sich nicht um anders regelbare Schwierigkeiten handeln; vielmehr muss eine sonst nicht lösbare Situation vorliegen, die nur durch eine "Urlaubssperre" behoben werden kann.

Wird der Urlaub auf Veranlassung des Arbeitgebers nicht in dem vorgesehenen Zeitraum genommen, so ist die Praxis allerdings ersatzpflichtig für den Zusatzaufwand, der dem Arbeitnehmer dadurch entsteht.

Das können Kosten der Stornierung für eine bereits gebuchte Reise sein oder der Saisonzuschlag für einen anderen Reisetermin.

Bundesarbeitsgericht stellt klare Regeln auf

Und was gilt, wenn ein Chef einen Mitarbeiter vorzeitig aus dem Urlaub zurückrufen will? Es versteht sich, dass er dies nur aus besonders wichtigen Gründen tun wird - und meist wohl auch nur bei "besonders wichtigen Mitarbeitern".

Doch kann sich der Urlauber weigern, dabei mitzuspielen. Und dies selbst dann, wenn er sich vorher dazu schriftlich verpflichtet haben sollte. Eine solche Vereinbarung wäre nämlich unwirksam.

Ein Arbeitnehmer brauche nicht hinzunehmen, "ständig damit rechnen zu müssen, zur Arbeit abgerufen zu werden", so das Bundesarbeitsgericht (Az: 9 AZR 405/99).

Es kommt auf die Zahl der Urlaubstage an

Ob dies auch für den Fall "der zwingenden Notwendigkeit" gilt, "die einen anderen Ausweg nicht zulässt", ließ das Bundesarbeitsgericht offen.

Das Bundesarbeitsgericht stellte aber auch fest, dass der Arbeitgeber für den Teil des Urlaubs, der über den gesetzlichen Mindesturlaub von vier Wochen jährlich hinausgeht, durchaus eine Vereinbarung in seinem Sinne mit einem Mitarbeiter treffen kann. Er kann sich nämlich vorbehalten, ihn in bestimmten Fällen aus dem Urlaub zurückrufen zu können.

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