Gastbeitrag

Vorsicht! Diese Tücken lauern bei der Fernbehandlung

Telefon, Fax, E-Mail: Moderne Kommunikationsmittel sind aus Arztpraxen nicht mehr wegzudenken. Aber Achtung: Schnell ist die Grenze zur unzulässigen Fernbehandlung überschritten.

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Ein Arzt am Telefon: Eine Diagnose darf er nicht stellen, ohne dass er den Patienten zuvor persönlich untersucht hat.

Ein Arzt am Telefon: Eine Diagnose darf er nicht stellen, ohne dass er den Patienten zuvor persönlich untersucht hat.

© WavebreakMediaMicro / fotolia.com

Von Frank A. Stebner

Weite Wege, langes Warten ohne Termin: Viele Patienten mit akuten Beschwerden ziehen es vor, nach dem Telefonhörer zu greifen und "ihren Arzt" fernmündlich zu konsultieren.

Grundsätzlich ist der Einsatz moderner Kommunikationsmittel im Arzt-Patientenkontakt klar geregelt, und Ärztekammern geben zur Dokumentation im PC, Datenschutz und Telemedizin berufsrechtliche Empfehlungen.

Trotzdem müssen Ärzte im Alltag immer wieder entscheiden, was sie Patienten per Telefon, Telefax oder E-Mail mitteilen dürfen, ohne in die Gefahr rechtlicher Schwierigkeiten zu geraten.

Diagnose darf am Telefon nicht gestellt werden

Fernbehandlung ist grundsätzlich nach Berufsrecht, Arzthaftungsrecht und Heilmittelwerberecht unzulässig. Zur Fernbehandlung gehört das Stellen der Diagnose oder individuelle Beratung/Therapie, ohne dass der Arzt den Patienten gesehen und die Möglichkeit einer Untersuchung gehabt hat.

Eine solche Situation wird immer bei unbekannten Patienten vorliegen, aber auch bei bekannten Patienten, die längere Zeit nicht in Behandlung gewesen sind.

Vorsicht ist bei der Mitbehandlung von Familienangehörigen geboten. Kein Arzt kann sich beispielsweise auf die Angaben einer Mutter verlassen, ohne ihr Kind selbst untersucht zu haben.

Notfälle sind kein Freibrief für Fernbehandlung

Sind Patienten in Behandlung, kann - soweit haftungsrechtlich vertretbar - eine Beratung per Telefon, Telefax oder E-Mail erfolgen. Wegen des Datenschutzes und der berufs- und strafrechtlich abgesicherten Vertraulichkeit sollte bei Telefax und E-Mail das zweifelsfreie Einverständnis des Patienten vorliegen.

Wichtig: Schildern Patienten eine neue Erkrankung, müssen sie in die Praxis bestellt werden, selbst wenn sie kurz zuvor bereits wegen anderer Symptome behandelt wurden.

Notfälle sind kein Freibrief für Fernbehandlungen. Nur als einleitende Erste Hilfe und ohne Verzögerung sonst erforderlicher Schritte (Bestellung des Notdienstes) dürfen therapeutische Maßnahmen in Notfällen per Telefon veranlasst werden.

Übergang zu unzulässigen Fernbehandlung ist fließend

Bei monatelanger Betreuung per Telefon nach erfolgter Untersuchung müssen Ärzte vorsichtig sein. Der Zeitpunkt, wann der Übergang zur unzulässigen Fernbehandlung vorliegt, ist fließend und nur individuell und in eigener, selbstkritischer Verantwortung des Arztes zu entscheiden.

Mit monatelanger Betreuung per Telefon, Telefax oder Internet werden zunehmend spezialisierte Ärzte konfrontiert, deren Patienten einen langen Anfahrtsweg haben. Aber auch hier geht Rechtssicherheit vor Bequemlichkeit der Patienten.

Das Verbot unzulässiger Fernbehandlung muss jeder Arzt ernst nehmen, kann er bei Verstößen doch in berufsrechtliche und sogar strafrechtliche Probleme geraten. Außerdem kann unter Umständen die Berufshaftpflicht wegen des Rechtsverstoßes Zahlungen verweigern.

Dr. Frank A. Stebner ist Fachanwalt für Medizinrecht in Salzgitter.

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