Schlechte Zeugnisse für Praxishygiene

Ein Drittel der Ärzte und Zahnärzte beurteilte die Hygiene in ihrer Praxis als maximal mittelmäßig. Trotzdem sieht über die Hälfte der Befragten keinen Anlass zum Handeln, zeigt eine Studie der Stiftung Gesundheit.

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Ein Problemfeld in den Praxen ist die Händedesinfektion.

Ein Problemfeld in den Praxen ist die Händedesinfektion.

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NEU-ISENBURG (reh). Rund 30 Prozent der niedergelassenen Ärzte und Zahnärzte bescheinigen ihren Praxen ein nur mittelmäßiges bis schlechtes Hygieneniveau.

Und auch in Sachen Händedesinfektion gestehen sich über ein Viertel der Praxen einen deutlichen Verbesserungsbedarf ein. Das zeigt die Studie "Qualitätsmanagement, Patientensicherheit und Hygiene in der ärztlichen Praxis 2012" der Stiftung Gesundheit.

Was die Studienautoren überraschte, ist die Tatsache, dass die Ärzte so ehrlich auf die Online-Befragung geantwortet haben. Denn über fünf Prozent der teilnehmenden Ärzte und Zahnärzte hätten angegeben, dass das Hygieneniveau in ihren Praxen schlecht sei, und auch erhebliche Defizite in der Händedesinfektion konstatiert.

Immer noch 22,9 Prozent der Befragten hielten demnach das Niveau der Hände-Desinfektion in ihrer Praxis für mittelmäßig und verbesserungswürdig.

Aber: 43,5 Prozent der Ärzte und Zahnärzte erklärten auch, dass das Hygieneniveau in ihren Praxen sehr hoch sei. Beim Thema Händehygiene sagen das sogar über 50 Prozent von sich.

290 Ärzte und Zahnärzte befragt

Für die Umfrage hat die Stiftung Gesundheit die Antworten von 290 - per Zufallsstichprobe ausgewählten - Ärzten und Zahnärzten ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass das Thema Hygiene in den Praxen durchaus eine wichtige Rolle spielt.

Rund ein Viertel der Praxen führt regelmäßig spezifische Hygiene-Leistungen wie die Erregerbestimmung bei der Wundversorgung durch. Ein weiteres Drittel hat zumindest gelegentlich mit solchen Leistungen zu tun.

Und auch das Hygienegesetz, das seit Juli 2011 in Kraft ist, kennen 80 Prozent der befragten Ärzte und Zahnärzte. 45 Prozent halten das Gesetz auch für bedeutsam im Praxisalltag.

Allerdings geben nur sechs Prozent der Ärzte an, dass das Gesetz zu wesentlichen Änderungen im Praxisablauf geführt hat. Das müsse angesichts der ebenfalls von den Ärzten selbst konstatierten "verbesserungswürdigen Hygienesituation als unbefriedigend angesehen werden", schreiben die Studienautoren.

Dass es zum Teil noch an konkreten Verbesserungsmaßnahmen mangelt, lässt sich aber auch an einer anderen Antwort ablesen: Über die Hälfte der Umfrageteilnehmer sehen in Sachen Hygiene weder einen Weiterbildungs- noch sonstigen Handlungsbedarf.

Gerade einmal 13,6 Prozent geben an, dass es sinnvoll sei, Maßnahmen zum Ausbau eines Risikomanagements in ihrer Praxis zu ergreifen.

Hygiene-Berater kamen in jede sechste Praxis

Jeweils rund ein Fünftel der befragten Ärzte und Zahnärzte geben aber auch an, dass sie einen Fortbildungsbedarf in ihrer Praxis beziehungsweise einen Bedarf für Qualitätsnetzwerke mit anderen Niedergelassenen und Kliniken sehen.

Überraschend ist, dass jede sechste Praxis schon einmal die Dienste eines externen Hygiene-Beraters in Anspruch genommen hat. Für die Kosten einer solchen Beratung müssen die Praxen nämlich selbst aufkommen. Und die Beratung ist für die Praxen nicht verpflichtend.

Bei der Frage, wer das Thema Hygiene im ambulanten Bereich voranbringen soll, sprach sich die Hälfte der Praxen für die Ärztekammern aus. KVen, Fachgesellschaften und Robert Koch-Institut stehen gemeinsam (mit je rund 30 Prozent) auf Rang zwei.

Für die Landesgesundheitsämter sprachen sich hingegen nur 16 Prozent der Ärzte aus. Das liege wohl am schlechten Image, das die Ämter bei vielen niedergelassenen Ärzten hätten, mutmaßen die Autoren.

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