Innovation aus Göttingen

Individueller Gesundheitspass für Reha-Patienten

Die Göttinger Kardiologin Dr. Jeannette Walle hat mit ihrem Praxisteam einen individuellen Gesundheitspass für Reha-Patienten entwickelt. Der Leitfaden hilft dabei, gesünder zu leben und Risikofaktoren zu minimieren.

Von Heidi Niemann Veröffentlicht:
Die Göttinger Kardiologin Dr. Jeannette Walle mit dem selbst entwickelten Gesundheitspass.

Die Göttinger Kardiologin Dr. Jeannette Walle mit dem selbst entwickelten Gesundheitspass.

© Heidi Niemann

GÖTTINGEN. Viele Patienten, die einen Herzinfarkt überstanden haben, sind zunächst sehr verunsichert. "Sie wissen oft nicht, wie sie künftig leben sollen und was sie tun können, um ihr Herz zu stärken und das Risiko eines erneuten Infarkts zu verringern", sagt die Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie, Jeannette Walle.

Auf der anderen Seite ist gerade eine gute Compliance nach Infarkt entscheidend für den späteren Verlauf der Erkrankung, wie aktuelle Studien gezeigt haben.

Keine Ansprechpartner für Fragen

Walle ist Leitende Ärztin der Kardiologie im Göttinger Rehazentrum Rainer Junge GmbH. Das Zentrum ist die einzige Einrichtung in Südniedersachsen, die ambulante Reha-Maßnahmen für Patienten mit kardiologischen und angiologischen Erkrankungen anbietet.

In ihrem Praxisalltag stellte die Kardiologin immer wieder fest, dass Patienten, die wegen eines Herzinfarkts oder einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pavK) im Krankenhaus behandelt wurden, dort keine Ansprechpartner für solche Fragen fanden. "In der Klinik ist für so etwas einfach keine Zeit", sagt die Ärztin.

Um einen möglichst nachhaltigen Reha-Effekt erzielen zu können, ist es wichtig, dass die Patienten wissen, wie sie langfristig durch eine Änderung ihres Lebensstils die Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen verringern können. Die Kardiologin hat deshalb gemeinsam mit ihrem Praxisteam einen "Gesundheitspass Kardiologie/Angiologie" entwickelt.

Ein Heft mit 50 Seiten

Die Reha-Patienten bekommen mit dem knapp 50-seitigen Heftchen einen individuellen Leitfaden an die Hand, der ihnen hilft, gesünder zu leben. Mit dieser Idee gehörte sie zu den besten zehn Teilnehmern des Wettbewerbs "Die innovative Arztpraxis 2015", den die Verlagsgruppe Springer Medizin zusammen mit UCB Innere Medizin initiiert hat.

In der Broschüre wird zunächst in einem theoretischen Teil anhand von Abbildungen erklärt, wie Herz- und Gefäßerkrankungen entstehen und welche Faktoren sie begünstigen.

Außerdem gibt es einen Überblick über Eingriffe wie Ballondilatation, Stent, Bypass- oder Herzklappen-Operation sowie über die Wirkungsweise von Betablockern, ACE-Hemmern und anderen Herzmedikamenten. "Diese Informationen sind sehr wichtig, weil die Patienten lebenslang Medikamente nehmen müssen", erklärt Walle.

Patient kann persönliche Gesundheitswerte mit Zielwerten vergleichen

Die Patienten bekommen den Gesundheitspass ausgehändigt, wenn bei der Reha die Zwischenuntersuchung ansteht. Neben allgemeinen Informationen bekommen sie damit auch wichtige individuelle Daten an die Hand.

So zeichnet die Kardiologin auf der entsprechenden Gefäßabbildung die Lage der implantierten Stents ein. "Oft wissen die Patienten gar nicht, wo genau diese Stents sitzen", erklärt Walle. Außerdem werden die persönlichen Gesundheitswerte der Patienten in den Pass eingetragen.

Hierzu gehören Blutdruck, Gewicht, Herzfrequenz, LDL- und HDL-Cholesterinwerte sowie der HbA1c-Anteil, der Auskunft über die Blutzuckerwerte gibt. "Wir tragen sowohl die aktuellen Behandlungsdaten als auch die Zielwerte ein", sagt Walle.

Der Patient kann anhand dieser Vergleichswerte nachvollziehen, wo er ansetzen muss, um eine nachhaltige Verbesserung seines Zustandes zu erreichen. "Wir besprechen mit jedem einzelnen Patienten, was er individuell tun kann, um die Risikofaktoren zu verringern", sagt Walle.

Ernährungstipps zum Nachlesen

Die Patienten können in dem Gesundheitspass die entsprechenden Ernährungstipps sowie Empfehlungen zum Herz-Kreislauf-Training und zur Stressreduktion immer wieder nachlesen. Gleichzeitig können sie dort einen Bewegungsplan erstellen und konkrete Schritte notieren, wie sie mehr Bewegung und Entspannung in ihren Alltag einbauen können.

Seit einem Jahr bekommen die Patienten diesen Leitfaden an die Hand. Die Resonanz sei ausgesprochen positiv, berichtet Walle: "Die Patienten finden den Gesundheitspass ausgesprochen hilfreich, weil sie darin ihre Werte Schwarz auf Weiß haben und auch ihren Angehörigen zu Hause gut erklären können, worauf sie zukünftig achten müssen."

Der Erfolg lässt sich auch an den "Zufriedenheitsbogen" ablesen, die die Patienten am Ende der Reha-Maßnahme ausfüllen: Regelmäßig kreuzen mehr als 90 Prozent von ihnen "sehr gut" an.

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