Qualitätssicherung

Großer Aufwand, geringe Beute

In der Qualitätssicherung mangelt es nicht an Daten, wohl aber an einer überzeugenden Praxis.

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BERLIN. Insgesamt 19.440 rechnerische Auffälligkeiten hat das AQUA-Institut, das für die externe Qualitätssicherung in Kliniken zuständig ist, in seinem aktuellen Bericht zum strukturierten Dialog 2012 in Kliniken registriert.

"Nur fünf Prozent waren davon klinisch auffällig; etwa 450 Begehungen in stationären Einrichtungen folgten", sagte Professor Hans-Konrad Selbmann. Der Versorgungsforscher und Epidemiologie von der Universität Tübingen präsentierte die Zahlen zum Auftakt der Diskussion um den Stand der Qualitäts- und Leitlinienentwicklung in Deutschland.

Selbmann, einer der führenden Experten auf dem Gebiet, bestätigte: Qualität ist ungemein schwer zu messen und die Ausbeute an harten Fakten zuweilen gering. Und mitunter klaffen Theorie und Praxis auseinander: Eckardt Böhle vom Deutschen Verband für Physiotherapie (ZVK).

verwies auf Zahlen zur Behandlung bei akuten Wirbelsäulenbeschwerden. Etwa jedem zweiten Patienten werde eine Bewegungstherapie verordnet, obwohl diese Therapie gar nicht in den entsprechenden Leitlinien empfohlen wird.

Liegt das Problem also in der Praxis? Oder braucht es ein weiteres Institut, das Routinedaten aufbereitet? Schließlich sammeln unterschiedliche Akteure bereits Qualitätsdaten zum stationären Sektor. Zum Beispiel die Bertelsmann-Stiftung mit der Weißen Liste, oder auch das Krankenhausunternehmen mit dem Web-Portal Qualitätskliniken.

"Ja", sagte Rudolf Henke, Arzt, Bundesabgeordneter und Vorsitzender des Marburger Bundes: "Denn bislang kommen die Anbieter zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen für ein und diesselbe Klinik."

Er verspricht sich eine eindeutige Orientierung vom künftigen Qualitätsinstitut, das die Bundesregierung neu gründen will. Ziel ist es, anhand von sektorenübergreifend gesammelter Routinedaten Vergleichslisten für Kliniken zu erstellen.

Patienten werden so die Informationen erhalten, mit denen sie auch etwas anfangen können, erwartete auch Dr. Regina Klakow-Franck vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA): "Das Institut soll einen Goldstandard für Kliniken entwickeln und ähnlich hoch angesehen sein wie Stiftung Warentest."

Experte Selbmann hält dagegen: "Die Vielfalt an Verfahren sollte erhalten bleiben." Er plädiert dafür, weniger in weitere Indikatoren zu investieren, sondern vielmehr in Vertrauen und vertrauensbildende Maßnahmen.

Eine gute Lösung sei das so genannte Peer-Review-Verfahren der Bundesärztekammer. Es misst die Qualität und fokussiert zugleich auf den kollegialen Austausch. (wer)

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