DIN-Normen

BÄK-Präsident sieht Kammersystem bedroht

Auf europäischer Ebene treiben private Institute die Normierung ärztlicher Behandlungen voran. Das schmeckt BÄK-Präsident Montgomery nicht - er sieht dadurch das Kammersystem in Gefahr.

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Frau bei Faltenunterspritzung: Die EU-Normierung startete mit der Schönheitschirurgie.

Frau bei Faltenunterspritzung: Die EU-Normierung startete mit der Schönheitschirurgie.

© Sven Bähren / fotolia.com

FRANKFURT/MAIN. Ärztliche Leistungen und Gesundheitsthemen rücken im Rahmen des institutionellen und wirtschaftlichen Harmonisierungsprozesses auf EU-Ebene immer stärker in den Fokus.

Das Wirken des europäischen Normungsinstitut CEN und der EU-Kommission kritisierte der Präsident der Bundesärztekammer, Professor Frank Ulrich Montgomery, scharf.

„Das ist die größte Bedrohung des Kammersystems“, sagte Montgomery vor Mitgliedern der Landesärztekammer Hessen in Frankfurt am Mittwochabend.

Viele der möglichen EU-Normen könnten in „erhebliche rechtliche Konkurrenz“ zu den Richtlinien der BÄK sowie der Musterberufsordnungen der Landesärztekammern treten, so Montgomery.

Die Normierung von Gütern wie Handystecker oder anderen industriellen Produkten auf europäischen Ebene sei generell zu begrüßen, allerdings habe diese Harmonisierung gerade für freie Berufe erhebliche Auswirkungen, so Montgomery.

In Deutschland übernimmt das Deutschen Institut für Normung (DIN) vor allem die Bewertung von industriellen Produkten. „Aber wie das DIN ist auch das CEN ein marktorientiertes Unternehmen, das auf Basis von Aufträgen der oftmals betroffener Gruppen arbeitet“, so Montgomery.

Das Unverständnis vom BÄK-Präsidenten über das Handeln einiger EU-Institutionen entsteht vor allem mit Blick auf den Vertrag von Lissabon. Der Vertrag, der 2009 die EU-Insitutionen reformierte, regelt ausdrücklich, dass es keine Harmonisierung der Sozialsysteme der Mitgliedsstaaten geben werde.

Schönheitschirurgie, Homöopathie und Chiropraktiker

Eingriffe in das Gesundheitswesen der inzwischen 28 EU-Mitgliedsstaaten sind seitens der EU-Kommission oder anderer Institutionen nicht vorgesehen.

Dennoch werden gerade vom CEN immer mehr „Randgebiete“ im Gesundheitswesen normiert – angefangen von Normen für die Schönheitschirurgie, über Pläne zu EU-weiten Norm für Homöopathie bis hin zu Regeln für die Ausbildung von Chiropraktikern.

So sei in der CEN-Normierung für die Schönheitschirurgen neben der notwenigen technischen Ausstattung im OP auch die Kompetenz des Operateurs geregelt.

„Man muss bedenken: Beim CEN arbeiten Ingenieure, wir entwickeln Leitlinien aufgrund von wissenschaftlichen Erkenntnissen“, so Montgomery. Mitstreiter gegen die EU-Normierungen hat die Bundesärztekammer auf Bundes- und Landesebene gefunden.

„Der Bundesgesundheitsminister und wir haben hier eine völlige Übereinstimmung“, so Montgomery. Auch die Ländergesundheitsminister haben auf ihrer Konferenz im Juni in Hamburg einem Beschluss ihre Ablehnung deutlich gemacht.

Dort heißt es: „Wir sehen darin die Gefahr, dass innerstaatliches Recht und der Regelungsspielraum der Selbstverwaltung ohne Einwirken der dafür zuständigen Institutionen umgangen werden könnten.“

Ebenso mahnen die Länder die EU-Kommission, dass „auf diesem Wege kein Eingreifen der Kommission in die mitgliedsstaatlichen Kompetenzen für den Bereich Gesundheit erfolgen darf.“

Da sich viele EU-Mitgliedsländer mit den Themen noch gar nicht befasst haben, sei das Werben für mehr Widerstand gegen die Kommissions- und CEN-Aktivitäten aufwändig, so Montgomery. (bee)

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