Investitionscheck

Was der Praxiskühlschrank können sollte

Die Investition für einen Arznei-Kühlschrank mag sich mit 500 bis 2000 Euro noch in Grenzen halten. Das macht die Auswahl des richtigen Gerätes allerdings nicht leichter. Insbesondere wer Lebendimpfstoffe in der Praxis lagert, muss eine ganze Reihe an Vorgaben erfüllen.

Von Gabriele Bramante Veröffentlicht:
MFA Karina Kistner überprüft den Lagerbestand im neuen Medikamenten- Kühlschrank der Hausarztpraxis Behnke in Zeitlofs.

MFA Karina Kistner überprüft den Lagerbestand im neuen Medikamenten- Kühlschrank der Hausarztpraxis Behnke in Zeitlofs.

© Nadine Höhne

ZEITLOFS. Mit zunehmender Impf-Frequenz werden insbesondere in hausärztlichen Praxen immer mehr Impfstoffe gelagert. Neue dynamische Impf-Softwaremodule verstärken diesen Effekt - der nicht nur für eine bessere Versorgung der Patienten, sondern eben auch für extrabudgetären Zusatzumsatz sorgt.

Denn diese Programme zeigen über die integrierte Recall-Funktion automatisch den Impf-Status der Patienten an. Eine Win-win-Situation, die schnell an die Grenzen des Medikamenten-Kühlschranks in der Praxis führen kann.

Dieses Problem zeigte sich auch in der Landarztpraxis von Allgemeinarzt Volker Behnke im bayerischen Zeitlofs. Das Praxisteam musste sich daher für eine Neu-Anschaffung entscheiden. Doch diese war gar nicht so einfach zu fällen. Aus der Erfahrung der Praxis Behnke heraus, die mit einem Arzt und fünf Medizinschen Fachangestellten (MFA) pro Quartal rund 1300 Patienten betreut, sind vorab folgende Punkte zu klären:

Absorber- oder Kompressorgerät?

Zunächst muss sich die Praxis mit den technischen Begebenheiten der beiden möglichen Kühlschrank-Varianten auseinandersetzen. Absorbergeräte sind in der Anschaffung mit 500 bis 700 Euro pro Gerät in jedem Fall günstiger. Sie arbeiten mit einem Wasser-Ammoniak-Gemisch und kommen oft auch in Hotelzimmern als Minibar zum Einsatz, weil sie mit maximal 60 Liter Fassungsvermögen grundsätzlich kleiner als Kompressorgeräte sind.

Regelmäßiges Enteisen nötig

Die Geräte bilden jedoch Eisklumpen und müssen daher regelmäßig enteist werden. Für Praxen nicht ganz einfach, denn Impfvorräte und Medikamente müssen während des Enteisens gekühlt zwischengelagert werden. Außerdem sind die Geräte bei hoher Außentemperatur über 30ºC nicht temperatur-stabil.

Dafür verbrauchen sie etwas weniger Strom als Kompressorgeräte, das gilt jedoch nur, wenn sie regelmäßig enteist werden. Und: Hat das Gerät keine Schubladen, sodass die Tür bei der Medikamentensuche länger offensteht, ist der Unterschied im Stromverbrauch schnell wieder wettgemacht.

Kompressorgeräte hingegen bilden kein Eis. Die Abtauung ist automatisch, das Tauwasser verdunstet einfach. Allerdings sind diese Geräte, die in ihrer Funktion nahezu einer Wärmepumpe entsprechen, mit 1500 bis 2000 Euro deutlich teurer. Sie sind die gängigeren Geräte in Privathaushalten und der Industrie.

Wohl auch, weil sie größer als die Absorber-Kühlschränke sind. Sie beginnen erst bei 80 Litern. Die Landarztpraxis Behnke hat sich sogar für einen 95-Liter-Kompressor-Kühlschrank entschieden, und dieser sei immer gut gefüllt - vor allem jetzt im Herbst, wo die zusätzlichen Grippe-Impfstoffe gelagert werden müssten.

Bessere Temperaturgenauigkeit

Das Gute an den Kompressorgeräten: Sie schaffen eine bessere Temperaturgenauigkeit. Die Geräte lassen sich auf konstante 5°C einstellen, mit einem Sicherheitsfenster für die Warnanlage von 2 bis 8°C.

Üblicherweise muss man bei einem 95-Liter-Kompressor-Kühlschrank mit einem Stromverbrauch von 230 kWh pro Jahr rechnen. Das entspricht laut der Hausarztpraxis aus Zeitlofs etwa 55 Euro.

Zudem gibt es Kompressorgeräte, deren Wärmetausch auf besondere Art erfolgt. Diese Gehäuse entlüften nicht wie üblich auf der Geräterückseite, sondern in der Front. Die Luft geht vorne rein und vorne raus. Das hat den großen Vorteil, dass der Einbau sehr einfach ist, da keine Lüftungsschlitze im Möbel oder der Arbeitsplatte erforderlich sind.

Hygienefaktor beachten

Doch auch wer sich für eine Gerätevariante entschieden hat, wird auf weitere Punkte bei der Investition achten müssen. Ein ganz wichtiger ist die Ordnung und Hygiene im Kühlschrank.

Zur sortierten Aufbewahrung der Medikamente sind Schubladen mit beweglichen Längs- und Querteilen sinnvoll. Diese, sowie die Schubladen, sollten zur einfachen Desinfektion auch herausnehmbar sein. Touchscreen-Einstellungen sind dabei leichter zu reinigen und hygienischer als Knöpfe und Tasten am Kühlschrank.

Sicherheit beim Stromausfall

Bei längerem Stromausfall oder versehentlichem Offenlassen der Tür schlagen Top-Geräte bis zu 72 Stunden per Piepston Alarm und alarmieren in Echtzeit sogar per SMS, E-Mail oder vibrierendem Handy. Wer Lebendimpfstoffe vorrätig hält, sollte über eine solche Funktion nachdenken. Sogar eine optische Alarmierung ist möglich, um schnellstmöglich eingreifen und Medikamente rechtzeitig umlagern zu können.

Bei manchen Geräten ist auch eine Alarmweiterschaltung per WLAN möglich. Man muss hier allerdings auf die richtige PC-Schnittstelle achten.

Ein Medikamentenkühlschrank, - meist mit hohem Warenwert - sollte zudem immer abschließbar sein. Vor allem wenn er in einem Raum steht, in dem sich Patienten zeitweise unbeaufsichtigt aufhalten. Gekühlte Medikamente, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, müssen ohnehin verschlossen aufbewahrt werden.

Mittlerweile gibt es sogar Kühlschränke mit biometrischer Erkennung. Das Schloss funktioniert hier mit Fingerprinterkennung - Praxen, die sich für solche Geräte interessieren, können sich etwa auf der diesjährigen Medica vom 12. bis 15. November die Technik hautnah anschauen (Halle 12).

Störender Geräuschpegel?

Auch der Geräuschpegel sollte vor dem Kauf eines Gerätes geklärt werden - also die Frage, wie viel Dezibel (dB) es hat. Ein wichtiger Punkt, der schnell übersehen wird: Manche Geräte sind so laut, dass es ein Patientengespräch in unmittelbarer Nähe oder die MFA bei ihrer Arbeit stört. Als Maßstab: Der Geräuschpegel einer normalen Unterhaltung liegt bei 60 dB.

Wer in seiner Praxis auf eine gute Öko-Bilanz achtet, für den dürfte noch Folgendes interessant sein: Seit etwa zwei Jahren ist das grüne Kältemittel R 600 A (Isopropan-Gas) auf dem Markt. Man kennt Isopropan vom Camping Kocher. Es ist ein natürlich vorkommendes Gas.

Isopropan ist kein Treibhausgas, im Gegensatz zu dem umweltschädlichen Kältemittel 134 A. 134 A wird aber erst 2020 ganz vom Markt genommen. Zur Information, das verwendete Kältemittel, ob R 600 A oder 134 A, ist auf der Rückseite der Geräte deklariert.

Schlechtem Prüfergebniss vorbeugen

Übrigens: Lebensmittel und Arzneien sollten grundsätzlich in getrennten Kühlschränken aufbewahrt werden. Gerade, wer eine QM-Zertifizierung anstrebt, wird dies früher oder später lernen. Aber eben auch, dass für den Arznei-Kühlschrank - werden Lebendimpfstoffe gelagert - eine lückenlose Kühlkette vorgeschrieben ist.

Aber auch das Gewerbeaufsichtsamt achtet auf einen gut funktionierenden Praxiskühlschrank. Seit 2013 sollen Praxen von der Aufsicht immerhin flächendeckend besucht werden. In der Landarztpraxis Behnke schlug kürzlich tatsächlich ein Inspektor auf.

Seit rund zwei Jahren ist das grüne Kältemittel R 600 A (Isopropan-Gas) auf dem Markt. Es zählt nicht zu den Treibhausgasen und ist ein natürlich vorkommendes Gas. Welches Kältemittel im Kühlschrank zum Einsatz kommt, steht auf der Rückseite des Gerätes.

Mehr zum Thema

Wenige Genehmigungen entzogen

KBV veröffentlicht Qualitätsbericht für 2022

Staatliche Unabhängigkeit in Gefahr?

Diabetesgesellschaft und AWMF besorgt über ÄZQ-Aus

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“