Folge 31

Verdienst der Ex schützt vor Zahlung nicht

Das Unterhaltsrecht betont die Eigenverantwortung von Ex-Partnern. Es kann aber vorkommen, dass Unterhalt an sie gezahlt werden muss, obwohl sie selbst verdienen.

Von Stephan Anft und Sacha Feller Veröffentlicht:
Griff nach Geld: Unterhalt für die Ex kann trotz vorhandenen Einkommens fällig werden.

Griff nach Geld: Unterhalt für die Ex kann trotz vorhandenen Einkommens fällig werden.

© Robert Kneschke/fotolia.com

"Meine Ex bekommt den Hals nicht voll". Diesen Satz hören Juristen bei Scheidungen oft. Und zwar dann, wenn der Ex-Partner Unterhalt fordert, obwohl ein eigener Verdienst vorhanden ist. Juristen sprechen in diesem Fall von der relativen Sättigungsgrenze, der Betroffene eher von Existenzvernichtung - und die auf lange Zeit.

Nicht immer werden die Vorstellungen des Gesetzgebers von den Gerichten in gleicher Weise umgesetzt. Die im seit 2008 reformierten Unterhaltgesetz in den Artikel 17 bis 24 enthaltenen Unterhaltsgrundsätze werden häufig von den Gerichten unterschiedlich interpretiert. Die nicht zuletzt von Seiten des Gesetzgebers bewusst offen formulierten Normen führen dazu, dass letztendlich eine verlässliche Auskunft für keinen der beiden Ehegatten möglich ist.

Welche Auswirkungen die unterschiedliche Auslegung der unterhaltsrechtlichen Vorschriften haben kann, zeigt der nachfolgende Fall:

24 Jahre waren zwei Ärzte miteinander verheiratet, bevor 2009 die Trennung anstand. Drei Kinder gingen aus der Ehe hervor. Der Ehemann war voll berufstätig. Die Ehefrau arbeitete 30 Stunden pro Woche bei einem monatlichen Eigeneinkommen von 3000 Euro brutto.

Für den Ehemann galt es als selbstverständlich, dass seine Frau damit selbst genug Geld verdient, um ihren Lebensunterhalt nach der Scheidung selbst zu bestreiten.

Das Familiengericht teilte diese Einstellung nicht und verurteilte ihn zur Zahlung weiterer 2500 Euro pro Monat.

Ein Paukenschlag? Weit gefehlt, denn grundsätzlich gibt es für die Bemessung des Ehegattenunterhaltes keine Obergrenze. Gelingt es dem bedürftigen Ehegatten, seinen sogenannten Bedarf nachzuweisen, können Unterhaltsansprüche nach oben offen sein.

Rechtsprechung und Gesetzgebung unterstellen dabei, dass ein einmal erworbener Lebensstandard eben den Bedarf des Unterhaltsberechtigten widerspiegelt. Hierbei ist der Bedarf konkret darzulegen. Im einzelnen muss somit - zumindest auf die letzten Ehejahre bezogen - schlicht jeder finanzielle Aufwand, der Monat für Monat betrieben wurde, dargestellt und mit Belegen versehen werden.

Dem Bedürftigen darf hierbei kein Vortrag zu peinlich sein: Von den Friseurbesuchen über geschenkten Schmuck, dem Französisch-Kurs bis hin zu Spendenbeiträge ist alles aufzulisten.

Doch ist eine solche Liste der Begehrlichkeiten keinesfalls als gottgegebenes Fatum misszuverstehen. Versierte Rechtsberater schaffen es immer wieder, die Unterhaltsansprüche in ihrer Höhe zu reduzieren oder sie gar ganz abzuschmettern. Wer einen entsprechenden Ehevertrag vereinbart hat, ist ebenfalls fein raus und entgeht der Unterhaltspflicht.

Stephan Anft ist Fachanwalt für Familienrecht bei Haibach Rechtsanwälte, Gießen und Frankfurt. Sacha Feller ist in derselben Sozietät als Fachanwalt für Erbrecht tätig. www.haibach.com

Rechtsanwalt Rudolf Haibach beantwortet Lesern der "Ärzte Zeitung" Fragen zur Trennung im Scheidungsforum: www.aerztezeitung.de/community/forums/47.aspx

Mehr zum Thema

Urteil

BFH billigt Austausch von Kontodaten mit der Schweiz

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Rechtzeitig eingefädelt: Die dreiseitigen Verhandlungen zwischen Kliniken, Vertragsärzten und Krankenkassen über ambulantisierbare Operationen sind fristgerecht vor April abgeschlossen worden.

© K-H Krauskopf, Wuppertal

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“