Berliner "Drogenarzt" kann auf mildere Strafe hoffen

Die Revision des Berliner "Drogenarztes" war erfolgreich: Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Landgerichts Berlin aufgehoben. Die Richter stellen "Vorsatz" infrage.

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Garri R. im Frühjahr 2010 vor Gericht: Sein Fall muss neuverhandelt werden.

Garri R. im Frühjahr 2010 vor Gericht: Sein Fall muss neuverhandelt werden.

© dpa

KARLSRUHE (mwo). Der als "Drogenarzt" bundesweit in die Schlagzeilen geratene Berliner Psychotherapeut kann auf eine mildere Strafe hoffen. Auf seine Revision hob der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe das vorinstanzliche Urteil auf. Der dort unterstellte Vorsatz ist nach dem am Dienstag bekannt gegebenen Beschluss fraglich (wie bereits berichtet).

Garri R., Allgemeinmediziner und Facharzt für Psychotherapie, hatte für "psycholytische Sitzungen" schon mehrfach Drogen eingesetzt. Durch ein "Wachtraumerleben der Objektumgebung" sollen bei diesen Sitzungen unbewusste Inhalte der Psyche zutage treten.

Am 19. September 2009 bot er zwölf Teilnehmern einer Gruppensitzung unter anderem Ecstasy (MDMA) an, um die "gemeinsame Reise" zu unterstützen. In welchem Umfang der Arzt über mögliche Folgen aufklärte, blieb umstritten.

Drei Patienten lehnten ab, die anderen schluckten die Droge - freiwillig, aber in mindestens zehnfacher Dosis. Zwei Teilnehmer starben an Multiorganversagen, weitere mussten ins Krankenhaus. Vor Gericht gab der Arzt zu Protokoll, ihm sei ein Wiegefehler unterlaufen.

Das Landgericht Berlin verurteilte den Therapeuten unter anderem wegen "gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge" zu vier Jahren und neun Monaten Haft.

Dabei unterstellte es eine sogenannte Tatherrschaft des Arztes: Er habe ein überlegenes Wissen über die Droge gehabt und über Gefahren nicht ausreichend aufgeklärt. Eine solche "Handlungsherrschaft" kommt rechtlich einem Vorsatz gleich.

Und der, so befand nun der BGH, sei durch die vom Landgericht festgestellten Tatsachen nicht gedeckt. Schließlich hätten die Gruppenmitglieder die Droge freiwillig eingenommen und sich dadurch selbst gefährdet.

In Berlin soll nun eine andere Schwurgerichtskammer den Fall neu verhandeln. Da immerhin drei Teilnehmer das MDMA abgelehnt hatten, dürfte dabei die vom BGH hervorgehobene Freiwilligkeit der Drogeneinnahme nicht infrage stehen.

Laut BGH soll daher das Landgericht vorrangig den "vorgeblichen Wiegefehler" überprüfen. Wenn sich der bestätigt, sei "lediglich ein fahrlässiges Tötungsdelikt anzunehmen".

Az.: 5 StR 491/10

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