Prozesskosten am Hals? Das spart Steuern

Zivilprozesskosten können unter bestimmten Umständen von der Steuer abgesetzt werden. Der Bundesfinanzhof hat die Anforderungen dafür gesenkt. Und Betroffene können dadurch ihre Steuerlast senken.

Von Heike Jablonsky Veröffentlicht:
Wer Kosten für Zivilprozesse in der Steuererklärung ansetzt, dem bleibt netto mehr vom Einkommen.

Wer Kosten für Zivilprozesse in der Steuererklärung ansetzt, dem bleibt netto mehr vom Einkommen.

© Erwin Wodicka / Panthermedia

CELLE. Zivilprozesskosten hat die Rechtsprechung bisher nur ausnahmsweise bei Rechtsstreitigkeiten mit existenzieller Bedeutung als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Jetzt hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Anforderungen für die Absetzbarkeit gesenkt.

Auch außergewönliche Belastungen absetzbar

Hintergrund ist der Paragraf 33 Absatz 1 des Einkommenssteuergesetzes, das es auch Ärzten ermöglicht, von ihrem zu versteuernden Einkommen außergewöhnliche Belastungen abzusetzen.

Damit sind zwangsläufig entstehende, größere Aufwendungen gemeint, die über die entstehenden Kosten bei der überwiegenden Mehrheit der Steuerpflichtigen mit ähnlichen Einkommensverhältnissen und gleichem Familienstand hinausgehen.

Der BFH hat nun entschieden, dass unabhängig vom Grund des Klageverfahrens eine Zivilklage lediglich hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten muss und nicht mutwillig erscheinen darf. Davon ist auszugehen, wenn der Erfolg des Zivilprozesses mindestens ebenso wahrscheinlich wie ein Misserfolg ist. Die zuvor anderslautende Rechtsprechung des BFH wurde dadurch aufgehoben.

Prozesskosten von rund 10.000 Euro als Werbungskosten

In einem Fall hatte kürzlich eine wegen Fortzahlung von Krankentagegeld prozessierende Klägerin aufgrund zwischenzeitlich eingetretener Erwerbsunfähigkeit keinen Erfolg. Die dadurch entstandenen Prozesskosten in Höhe von rund 10.000 Euro hat die Klägerin als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend gemacht.

 Zu Recht, entschied der BFH. Diese sind nach Paragraf 11 Einkommensteuergesetz als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig.

Die Gebühren für Anwälte und das Gericht, Fahrtkosten für Zeugen oder auch Kosten für Ortsbesichtigungen stellt das Gericht dem Unterlegenen in Rechnung. So kann sich im Rahmen eines Prozesses eine hohe Kostenlast ergeben.

Alle Kosten, die über die steuerlich zumutbare Belastungsgrenze (vergleichbar einem Eigenanteil) hinausgehen, sind einkommensreduzierend anzurechnen. Die Belastungsgrenze müsste hierfür in jedem Fall überschritten werden.

Grenzen der steuerlich zumutbaren Belastungen

Ein Zivilprozess in zweiter Instanz mit einem Streitwert von bis 10.000 Euro kann durchaus mit Kosten in Höhe von 5500 Euro zu Buche schlagen. Die grundsätzlich steuerlich zumutbaren Belastungen nach Paragraf 33 Einkommensteuergesetz lägen bei einem ledigen und kinderlosen Steuerzahler mit Einkünften von 35.000 Euro bei 2100 Euro (sechs Prozent von 35.000 Euro).

Um den Unterschiedsbetrag von 3400 Euro reduzieren sich dann die Einkünfte auf 31.600 Euro. Das entspricht einer Reduzierung der Steuerlast um mehr als 1000 Euro. Bei verheirateten Steuerpflichtigen mit Kindern kann die steuerliche Entlastung sogar bei rund 3000 Euro liegen.

Nach Auskunft eines Sprechers des BFH kann auch rückwirkend gegen noch nicht bestandskräftige Steuerbescheide Einspruch eingelegt werden - dies kann sich durchaus finanziell rechnen.

Positive Rechtssprechung könnte künftig wieder aufgehoben werden

Lohnenswert können vor dem Hintergrund des "Eigenanteils" auch Prozesskostenvorauszahlungen sein, wenn dadurch die Grenze der zumutbaren Eigenbelastung noch im Steuerjahr überschritten wird. Entscheidend ist steuerlich stets der Zeitpunkt der Zahlung der Beträge.

Da zu befürchten ist, dass diese sich positiv für den Steuerzahler auswirkende Rechtsprechung im Nachgang durch Gesetzesänderungen für die Zukunft wieder aufgehoben wird, sollte umgehend gehandelt werden.

Somit sind im Übrigen auch die Kosten im Familienrecht für Prozesse um Unterhalt, Zugewinn und Sorgerecht steuerlich absetzbar.

Heike Jablonsky ist Fachanwältin für Medizinrecht und Arbeitsrecht in Celle ( www.ra-jablonsky.de )

Außergewöhnliche Belastungen

Belastungsgrenzen nach Paragraf 33 Absatz 3 Einkommensteuergesetz
Anlage Jahreseinkommen Belastungsgrenze
Einzelveranlagt und keine Kinder 15.340 m - 51.130 m
darüber
6 %
7 %
Zusammenveranlagt und keine Kinder 15.340 m - 51.130 m
darüber
5 %
6 %
Steuerpflichtig mit einem oder zwei Kindern 15.340 m - 51.130 m
darüber
3 %
4 %
Steuerpflichtige mit drei oder mehr Kindern bis 51.130 m
darüber
1 %
2 %
Quelle: Jablonsky - Tabelle: Ärzte Zeitung
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