Urteil

Rollstuhl ständig kaputt - Kasse muss für Ersatz sorgen

Ist ein Rollstuhl immer wieder für einen längeren Zeitraum kaputt, müssen Behinderte das nicht hinnehmen. Das hat das Bundessozialgericht entschieden. Was akzeptabel ist, hängt aber vom Einzelfall ab.

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Das BSG lässt den Kassen Spielraum beim Ersatz von Rollstühlen.

Das BSG lässt den Kassen Spielraum beim Ersatz von Rollstühlen.

© Rüdiger Wölk / imago

KASSEL (mwo). Behinderte müssen es nicht hinnehmen, wenn ihr Rollstuhl ständig kaputt ist. Nehmen die Ausfallzeiten überhand, muss die Krankenkasse für Ersatz sorgen. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschieden.

Nach dem Kasseler Urteil liegt der hinzunehmende Ausfall zusammenhängend etwa bei zehn Tagen. Er hängt letztlich aber vom Einzelfall ab, etwa von der Nutzung des Rollstuhls und möglichen Alternativen. "Bei mehreren Ausfallzeiten pro Jahr dürften strengere Maßstäbe anzulegen sein", betonte das Bundessozialgericht.

Elektrorollstuhl monatelang kaputt

Der heute 39-jährige Kläger leidet an einer spastischen Tetraplegie. Er kann sich daher nur mit einem Elektrorollstuhl selbstständig fortbewegen. Ein 2001 von seiner Krankenkasse überlassener neuer Elektrorollstuhl war ständig kaputt - mehrfach über mehrere Wochen, einmal sogar zwei Monate lang.

Daher stimmte die Krankenkasse schließlich zu, dass der Mann seinen alten Elektrorollstuhl behalten darf. Als aber auch der den Dienst versagte, wollte sie allerdings nicht mehr für die Reparaturkosten aufkommen. Schließlich investierte der Behinderte selbst 21.370 Euro in das alte Gefährt.

Ermessungsspielraum für Kassen

Wie das Bundessozialgericht entschied, muss die Kasse diese Kosten einmalig übernehmen. Weitere Reparaturen muss sie allerdings nicht mehr bezahlen, wenn sie dies für unwirtschaftlich hält.

Vielmehr kann die Kasse jeweils selbst entscheiden, wie sie Ausfallzeiten eines neuen Rollstuhls überbrückt.

Dabei gehen die obersten Sozialrichter davon aus, "dass auch in solchen Ausfallzeiten grundsätzlich ein Anspruch auf eine ausreichende und zweckmäßige Versorgung besteht".

Ausfälle "in geringem Maße" müssten Behinderte allerdings hinnehmen. Der Umfang hänge vom Einzelfall ab.

Im Streitfall nehme der Kläger aktiv am Gemeinschaftsleben teil und arbeite sogar. Andererseits lebe er in einem Wohnheim und könne dort Hilfe des Personals für seinen regulären Rollstuhl in Anspruch nehmen. Zumindest einmal im Jahr müsse er daher zehn Tage am Stück ohne Elektrorollstuhl auskommen.

Az.: B 3 KR 20/11 R

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