Implantate-Skandal

Erste Klage gegen PIP läuft

Veröffentlicht:

KARLSRUHE. Nach dem Skandal um Brustimplantate mit mangelhaftem Billig-Silikon verhandelt das Landgericht Karlsruheam 13. November über die erste Schadenersatzklage einer Betroffenen.

Die 40-Jährige hatte sich vor fünf Jahren Implantate des französischen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) einsetzen lassen. Wie das Gericht mitteilte, verlangt sie unter anderem Schmerzensgeld in einer Größenordnung von 20.000 bis 30.000 Euro.

Nach Angaben der Anwälte ist es die erste derartige Klage in Deutschland. PIP hatte über Jahre hinweg Brustimplantate verkauft, die mit nicht dafür zugelassenem Industriesilikon gefüllt waren.

Der Skandal war 2010 bekannt geworden. Gegen den Firmengründer läuft ein Anklageverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung. Er hatte zugegeben, bewusst das billigere Silikon eingesetzt zu haben.

In Deutschland hatte im Januar 2012 das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geraten, die Kissen entfernen zu lassen. Gesundheitsrisiken seien nicht auszuschließen.

"Einer muss haften"

Das Institut geht davon aus, dass mehr als 5000 Frauen in Deutschland Implantate von PIP und den anderen unseriösen Firmen erhalten haben.

Bis Mitte 2012 wurden rund 1000 Implantate wieder entfernt; bei mehr als einem Viertel der gemeldeten Fälle war ein Kissen gerissen, bei jedem fünften Silikon ausgetreten. Da die Herstellerfirma inzwischen pleite ist, richtet sich die Klage in Karlsruhe unter anderem gegen den Chirurgen, der die Implantate eingesetzt hatte.

Er habe nicht ausreichend über Risiken aufgeklärt, argumentieren die Klägeranwälte. Außerdem haben sie den Lieferanten des Silikons, die Versicherung des Herstellers und den TÜV Rheinland verklagt, der die Implantate als Medizinprodukte zertifiziert hatte; des weiteren die Bundesrepublik Deutschland wegen Amtspflichtverletzung.

"Mindestens einer der fünf Beklagten muss haften", sagte Klägeranwalt Michael Graf der Nachrichtenagentur dpa.

"Es kann nicht sein, dass der Verbraucher in so einer Situation völlig alleingelassen wird." Allein Grafs Kanzlei vertritt nach eigenen Angaben etwa 250 PIP-Geschädigte. (dpa)

Mehr zum Thema

Medizinforschungsgesetz

Regierung: Ethikkommission beim Bund bleibt unabhängig

Kommentar zum Umgang mit aggressiven Patienten in Frankreich

Klima der Gewalt

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen