Rezepte

In diesen Fällen dürfen Ärzte faxen

Es ist nicht selten gängige Praxis: Rezepte werden direkt an die Apotheke gefaxt. Doch damit bewegen sich Ärzte nicht erst seit einem aktuellen Urteil auf äußerst dünnem Eis. Aber es gibt Ausnahmen vom Fax-Verbot.

Von Ingo Pflugmacher Veröffentlicht:
Verordnung eines Antibiotikums: Auf der sicheren Seite sind Ärzte nur, wenn sie Verordnungen dem Patienten direkt mitgeben.

Verordnung eines Antibiotikums: Auf der sicheren Seite sind Ärzte nur, wenn sie Verordnungen dem Patienten direkt mitgeben.

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BONN. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichtes (OLG) Saarbrücken hat bei niedergelassenen Ärzten für viel Diskussionsstoff gesorgt: Ärzte dürfen Rezepte nicht an Apotheken faxen, die diese dann per Boten beliefern, urteilten die Richter.

Selbst dann nicht, wenn Patienten dies ausdrücklich wünschen. Im verhandelten Fall hatte ein Apotheker mit drei Arztpraxen eine entsprechende Kooperation unterhalten.

Das Urteil verunsichert Ärzte: Ist die unmittelbare Weiterleitung einer Verordnung von der Praxis an eine bestimmte Apotheke per Telefax, Boten oder Post damit etwa per se unzulässig - auch wenn es gar keinen Kooperationsvertrag und keine Übermittlung an nur ein oder zwei Apotheken gibt?

Schließlich dürfte es sich hierbei um eine gar nicht seltene Vorgehensweise handeln. Oft wird von den Praxen auf den Nutzen für den Patienten verwiesen, der den Weg zur Apotheke spart.

Auch wird argumentiert, der eingeschaltete Apotheker habe das Arzneimittel nach Kenntnis des Arztes vorrätig, sodass Verzögerungen vermieden werden. Schließlich wird angeführt, für die Qualität der Behandlung sei es unerheblich, in welcher Apotheke das Rezept eingelöst werde, es komme auf das Arzneimittel, nicht die Bezugsquelle an.

Die Entscheidung trifft der Patient

Diese Argumente werden damit untermauert, dass dem Patienten alternativ angeboten werde, dass die Praxis die Verordnung unmittelbar an eine Apotheke übermittelt oder aber der Patient das Rezept an sich nehmen und in irgendeiner Apotheke einlösen könne.

Entscheide sich der Patient dann für die direkte Übermittlung vom Arzt an den Apotheker, habe er von seinem Apothekenwahlrecht Gebrauch gemacht, eine Einschränkung seiner Wahlfreiheit liege nicht vor.

Die Rechtsprechung sieht dies aber völlig anders: Ausgangspunkt ist Paragraf 11 des Apothekengesetzes (ApoG).

Danach dürfen der Apotheker und sein Personal mit Ärzten oder anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, keine Rechtsgeschäfte vornehmen oder Absprachen treffen, die eine bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel, die Zuführung von Patienten oder die Zuweisung von Verschreibungen zum Gegenstand haben.

Eine Ausnahme besteht hier allein für die Abgabe anwendungsfertiger Zytostatikazubereitungen.

Eine verbotene Absprache in Bezug auf die "Zuweisung von Verschreibungen" liegt nach der Rechtsprechung (OVG Münster vom 02.09.1999, Az.: 13 A 3323/97) vor, wenn die Verordnung unter Ausschluss anderer Apotheken unmittelbar einer einzelnen Apotheke oder mehreren Apotheken anteilig oder im Wechsel übermittelt wird.

Entscheidendes Kriterium hierfür ist die direkte Übermittlung der Verordnung vom Arzt an die Apotheke. Die aktuelle Rechtsprechung (OVG Münster vom 14.02.2013, Az.: 13 A 2521/11) stellt hierzu ausdrücklich fest, dass bei einem solchen Vorgehen die Patienten keine Zugriffsmöglichkeit auf das Rezept mehr haben und somit ihr Recht auf freie Apothekenwahl nicht ausüben können.

Gerichte stören sich schon am Angebot

Einen solchen Verfahrensablauf wolle der Gesetzgeber gerade durch Paragraf 11 ApoG verhindern. Dass der Patient in der Praxis gefragt werde, ob er einen direkten Versand der Verordnung wünsche oder diese mitnehmen und selbst in einer Apotheke vorlegen wolle, spielt dabei keine Rolle.

Nach der Rechtsprechung wohnt bereits dem Angebot des "Direktbezuges" ein maßgeblich steuerndes Element inne. Das Angebot sei darauf angelegt, dem Arzt Einfluss auf die Auswahl der Apotheke zu verschaffen (vgl. OLG Karlsruhe vom 14.06.2013, Az.: 4 U 254/12).

Nun wird man einwenden, dass die direkte Übermittlung von Verordnungen an eine Apotheke nicht auf einer Absprache zwischen Arzt und Apotheker beruhen muss. Einer solchen Argumentation begegnet die Rechtsprechung aber mit hohen Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast.

Findet die direkte Übermittlung von der Praxis an den Apotheker über längere Zeit und in größerem Umfang statt, so sei bei lebensnaher Betrachtung von einer zumindest konkludenten Absprache auszugehen. Das Fehlen einer solchen Absprache müssten Arzt oder Apotheker darlegen und beweisen.

Der Beweis, dass etwas nicht existiert, also keine, zumindest konkludente, Absprache vorliegt, wird aber kaum jemals zu führen sein.Schließlich kommt es bei dem Verbot der Zuleitung von Verordnungen nicht darauf an, ob irgendwie geartete wirtschaftliche Absprachen - die selbstverständlich ebenfalls unzulässig wären - zwischen Arzt und Apotheker bestehen.

Am besten an die Verbote halten

Nun könnte die Ärzteschaft fragen, was sie mit Verboten im ApoG zu tun habe. Der Apotheker müsse beurteilen, ob er die per Telefax übersandte Verordnung ausführen dürfe.

Auch dies sieht die Rechtsprechung anders: Nach dem bereits genannten Urteil des OVG Münster vom 02.09.1999 richtet sich das Verbot der Zuweisung von Verschreibungen in gleicher Weise an Arzt und Apotheker.

Da die verbotene Absprache notwendigerweise ein Zusammenwirken oder einen gemeinsamen Willen voraussetzt, seien auch beide verpflichtet, solches zu unterlassen.

Zusammenfassend sollte man das direkte Versenden von Verordnungen von der Praxis an einen Apotheker unterlassen. Der Arzt sollte dem Patienten das Rezept mitgeben. Als zulässig wird es von der Rechtsprechung angesehen, wenn diese Aushändigung des Rezeptes mit dem Hinweis verbunden wird, der Patient könne das Rezept zum Beispiel in der Apotheke im selben Gebäude vorlegen.

Wenn der Patient im Besitz des Rezeptes ist, behält er sein Wahlrecht. Dies wäre nur bei einer "intensiven und den Patienten einschüchternden Empfehlung" anders, eine solche wird aber kaum jemals vorliegen.

Ausnahmen vom Verbot der direkten Zuleitung sind nur bei Zytostatikazubereitungen, der Versorgung von Pflegeheimpatienten oder im Rahmen der integrierten Versorgung zulässig. Man mag diese Rechtslage gut oder schlecht finden.

Es ist besser, sich an sie zu halten, als Geld und Zeit für wettbewerbs- oder verwaltungsrechtliche Verfahren auszugeben.

Zur Person: Dr. Ingo Pflugmacher ist Fachanwalt für Medizin- und Verwaltungsrecht und Partner der Kanzlei Busse & Miessen in Bonn.

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