Bamberger Missbrauchsvorwürfe

Beschuldigter Klinikarzt gefeuert

Ein Chefarzt steht unter Porno-Verdacht: Er soll in einem Bamberger Krankenhaus Patientinnen betäubt und sexuell missbraucht haben. Jetzt ist er seinen Job los.

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BAMBERG. Der Verdacht auf sexuellen Missbrauch am Bamberger Klinikum geht zurück auf eine Medizinstudentin: Die 26-Jährige habe in dem Krankenhaus ein Praktikum im Rahmen ihres Studiums gemacht, sagte Xaver Frauenknecht, Vorstandschef der Sozialstiftung Bamberg, zu der das Klinikum gehört.

Dabei nahm sie an einer angeblichen Studie des 48-Jährigen teil. "Diese Studie hat es nie gegeben", sagte Frauchenknecht. Sie sei nur ein Vorwand gewesen.

Der Chefarzt habe der jungen Frau demnach ohne Aufklärung und gegen ihren Willen ein starkes Beruhigungsmittel gespritzt, das sie kurzzeitig bewusstlos machte. In dieser Zeit soll sich der Mann an ihr vergangen und Fotos von seiner Tat gemacht haben.

Die Studentin ging laut Frauenknecht danach in ein anderes Krankenhaus und ließ dort ihr Blut untersuchen. Danach erstattete sie Anzeige wegen Körperverletzung gegen den 48-Jährigen. Von dem vermeintlichen Missbrauch habe sie erst durch die Ermittlungen erfahren, da sie währenddessen bewusstlos war.

Vier solcher Verdachtsfälle auf Missbrauchs sind der Polizei bisher bekannt. Die Ermittler gehen aber von noch mehr Betroffenen aus. Der Chefarzt der Klinik für Gefäßchirurgie sitzt seit Mittwoch in Untersuchungshaft.

Klinikmitarbeiter unter Schock

Laut einer Mitteilung der Sozialstiftung Bamberg ist es "nun definitiv sicher, dass in der Studienzentrale der Sozialstiftung keine Anmeldung, Registrierung und entsprechende Dokumentation zu einer Studie über Krampfadern vorliegen".

Am Klinikum Bamberg herrsche größte Betroffenheit unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, heißt es. Kliniksprecherin Brigitte Dippold sagte am Donnerstag: "Auch einen Tag danach haben wir das alles noch gar nicht so recht begriffen."

Viele Mitarbeiter des Klinikums - vor allem die etwa 30 Kollegen in der betroffenen Gefäßchirurgie - stünden noch immer regelrecht unter Schock und könnten das Geschehene nicht glauben. "Es sind auch Tränen geflossen", erzählt Dippold.

Der bisherige Chefarzt der Gefäßchirurgie war bislang auch ranghoher Funktionär der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie. Der zweifache Vater sei witzig und erzähle oft von seiner Familie, so Dippold.

Der Klinikbetreiber hatte den Arzt direkt am Mittwoch, als die Sozialstiftung von der Staatsanwaltschaft über die Ermittlungen informiert wurde, von seinen Aufgaben freigestellt. Am Freitag gab die Klinik bekannt, dass sie dem Arzt außerordentlich gekündigt habe.

Die Leitung der Klinik wurde bis auf Weiteres seinem Vertreter, Oberarzt Dr. Matthias Spohn, übertragen, der die weitere Versorgung der Patienten sicherstellen soll.

Für Fragen von Patientinnen, die in der Abteilung behandelt wurden, hat die Sozialstiftung Bamberg zudem eine Hotline eingerichtet. Sie wird unter der Rufnummer 09 51/50 30 weitervermittelt. (dpa/eb)

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