Delmenhorst

Pfleger erneut wegen Mordverdachts angeklagt

Hat er noch weitere Patienten getötet? Ein bereits verurteilter Pfleger muss sich wegen neuer Verdachtsfälle verantworten.

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Justitia - die personifizierte Gerechtigkeit.

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OLDENBURG. Dramatische Entwicklung im Mord-Prozess vor dem Landgericht Oldenburg gegen einen ehemaligen Krankenpfleger am Klinikum Delmenhorst.

Dem Mann werden drei Morde und zwei versuchte Morde an Patienten in den Jahren 2003 bis 2005 vorgeworfen. Er soll ihnen das Antiarrhythmikum Ajmalin gespritzt haben.

"Wenn es zutrifft, wie Dr. Kurt Schwendner, ehemals Arzt am Klinikum, gesagt hat, dann wäre es möglich, das der Angeklagte sogar mehr als 100 Patienten getötet hat", so der Richter und Pressesprecher des Oldenburger Landgerichtes, Michael Hermann, zur "Ärzte Zeitung".

Schwendner hatte Zahlen präsentiert, die belegen sollen, dass während der Arbeitszeit des Angeklagten auf seiner Station statistisch doppelt so viele Menschen gestorben sind und sechs- bis sieben Mal so viel Ajmalin verbraucht wurde, erklärt Hermann.

Als der Angeklagte 2003 auf der Intensivstation in Delmenhorst begann, seien von den 1764 Patienten 177 gestorben. Das sind rund zehn Prozent. Ähnlich hoch waren die Zahlen 2004 und 2005. Bei rund der Hälfte der Todesfälle hatte der Angeklagte Dienst.

Verbrauch von Ajmalin in der Zeit gestiegen

Zugleich sei der Verbrauch von Ajmalin von sonst 50 bis 75 Ampullen im Jahr auf 225 (2003) und 380 (2004) gestiegen. Nachdem er nicht mehr auf der Station arbeitete, sei die Sterberate auf 5,3 Prozent (2006), später auf 4,7 Prozent gesunken.

2003 war der Angeklagte mit einem sehr guten Empfehlungsschreiben vom Klinikum Oldenburg nach Delmenhorst gewechselt, so Rechtsanwalt Ernst Joester aus Bremen.

Er beobachtet den Prozess für das Klinikum Delmenhorst. Es sei unverantwortlich gewesen, dem Angeklagten so ein Zeugnis auszustellen, denn es gab schon in Oldenburg Anhaltspunkte.

"Das Klinikum Delmenhorst ist hinters Licht geführt worden." Joester sieht beim Klinikum Delmenhorst darum keine Verantwortung. "Die präsentierten Hochrechnungen sind spekulativ", so Joester zur "Ärzte Zeitung".

Die veränderten Zahlen können auch von den geänderten Belegungszahlen und Behandungsanlässen in den fraglichen Jahren herrühren, meint der Anwalt, "zudem eben die Tumorstation eingerichtet worden war". Die Verteidigerin des Pflegers, Rechtsanwältin Ulrike Baumann aus Münster, will zu dem Verfahren keine Auskunft geben.

Der 37-jährige Angeklagte sitzt wegen einer ähnlichen Tat 2008 bereits im Gefängnis. Der neuerliche Prozess ist in Gang gekommen, nachdem die Tochter eines gestorbenen Patienten Verdacht geschöpft hatte. Der Prozess wird voraussichtlich das ganze Jahr 2014 dauern. (cben)

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