Schönheits-Op

Nur bei Entstellung ist der Fiskus mit von der Partie

Psychosomatische Belastung hin oder her: Ohne Krankheitswert lassen sich die Kosten einer Schönheits-Op auch nicht von der Steuer absetzen.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:

NEUSTADT / WEINSTRASSE. Die Kosten einer Schönheitsoperation sind generell keine steuermindernde "außergewöhnliche Belastung". Das gilt auch, wenn ohne die Operation eine Psychotherapie notwendig wird, wie jetzt das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz in Neustadt an der Weinstraße entschied.

Es lehnte sich dabei ausdrücklich an die Rechtsprechung der Sozialgerichte an. Wenn die gesetzlichen Krankenkassen eine Operation nicht bezahlen, besteht danach auch kein Anspruch auf Steuererleichterungen.

Im Streitfall hatte sich 2011 eine damals 20-jährige Frau ihre Brust verkleinern und straffen lassen. Ihre Frauenärztin hatte eine "deutliche Ungleichheit der Brüste" bescheinigt. Dies beeinträchtige das Körperbild und das Selbstwertgefühl. Durch die "gravierende psychosomatische Belastung" würden Partnerschaft und Sexualleben beeinträchtigt.

Die Krankenkasse der jungen Frau hatte ein Gutachten beim Medizinischen Dienst eingeholt. Danach sei die Mammaasymmetrie nicht als entstellend einzustufen, und Körperfunktionen seien nicht beeinträchtigt. Weil ein "Krankheitswert" fehle, lehnte die Krankenkasse eine Kostenübernahme ab.

Kosten von 4600 Euro als "außergewöhnliche Belastung"

Daraufhin bezahlte die Mutter der Frau den Eingriff und setzte die Kosten von 4600 Euro in ihrer Steuererklärung steuermindernd als "außergewöhnliche Belastungen" an. Doch auch das Finanzamt wollte sich an den Kosten nicht beteiligen. Gestützt auf das MDK-Gutachten meinte die Behörde, eine "medizinische Indikation" für den Eingriff sei nicht nachgewiesen.

Mit ihrer Klage argumentierte die Mutter, ohne die Operation wäre "eine langfristige psychologische Behandlung mit nicht unerheblichen Kosten", aber "fraglichem Behandlungserfolg" notwendig geworden.

Doch das Finanzgericht Neustadt wies die Klage ab. Eine steuerliche Berücksichtigung kommt danach "nur bei Beschwerden mit Krankheitswert" in Betracht. Freiwillige oder auch vorbeugende Ausgaben könnten nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.

Zur Begründung lehnte sich das Gericht direkt an die sozialgerichtliche Rechtsprechung an. Danach müssten Körperfunktionen beeinträchtigt oder das Körperbild wirklich entstellt sein. Die Auffälligkeit müsse "schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen" die Aufmerksamkeit anderer Menschen auf sich ziehen.

"Eine entstellende Wirkung ist gegeben, wenn es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handelt, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass die Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht", zitiert das FG aus einem früheren Urteil des Bundessozialgerichts.

Dem Neustädter Urteil zufolge sind diese sozialrechtlichen Grundsätze "auch steuerrechtlich maßgeblich". Daher verhelfe auch der Verweis auf eine ohne Operation notwendige Psychotherapie nicht zur steuerlichen Entlastung. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seien psychische Folgen und Belastungen "mit den Mitteln der Psychotherapie zu lindern".

Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz

Az.: 5 K 1753/13

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