Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

Umgang mit Embryonen strikt geregelt

Eine Italienerin will ihre künstlich befruchteten Eizellen nach dem Tod ihres Mannes nicht mehr austragen und sie der Forschung zur Verfügung stellen. Ob sie das darf, darüber hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nun geurteilt.

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STRASSBURG. Frauen können nicht frei über das Schicksal ihrer künstlich befruchteten Eizellen entscheiden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg bestätigte am Donnerstag das Verbot in Italien, die Embryonen für die Forschung zu verwenden. Die Rechtslage in Deutschland ist ähnlich.

Die Beschwerdeführerin aus Rom hatte sich 2002 als 48-Jährige gemeinsam mit ihrem Partner für eine Schwangerschaft durch künstliche Befruchtung entschieden. Durch In-vitro-Fertilisation (IVF) entstanden fünf Embryos, die seitdem tiefgefroren verwahrt werden.

Im November 2003 starb der Partner der Römerin, noch ehe ihr die Embryonen eingepflanzt werden konnten. Nunmehr ohne Partner entschied sie sich, auf die Schwangerschaft zu verzichten. Sie wollte nun die Embryonen für die Forschung zur Verfügung stellen. Wie in Deutschland ist dies auch in Italien verboten.

Experimente mit Embryonen strafbar

Seit 2004 werden in Italien Experimente mit menschlichen Embryonen mit einer Haft von zwei bis sechs Jahren bestraft. Der EGMR beschäftigte sich erstmals mit dieser Frage und urteilte mit seiner großen Kammer von 17 Richtern. Mit 16 gegen eine Stimme wiesen sie die Beschwerde ab.

Zunächst bestätigten die Straßburger Richter allerdings, dass die Verfügung der Eltern über eigene Embryonen vom Grundrecht auf Privatleben umfasst ist. Denn diese enthielten die genetischen Anlagen der Eltern und seien daher Teil ihrer Identität.

Auf der anderen Seite habe aber der Wunsch des italienischen Gesetzgebers gestanden, die Embryonen zu schützen. Das Gesetz sei nach einer breiten Debatte verabschiedet worden. Unter den Zeichnerstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention gebe es in dieser Frage keine einheitliche Haltung.

Wann beginnt menschliches Leben?

Für die Eltern sei zudem nicht der Kern ihres Grundrechts auf Privatleben betroffen. Bei diesem "moralisch und ethisch sensiblen Thema" hätten die Länder daher einen weiten Gestaltungsspielraum, urteilten die Straßburger Richter.

Die grundsätzliche Frage, wann menschliches Leben beginnt und ob - wie Italien argumentierte - bereits Embryonen durch die Menschenwürde geschützt sind, ließ der EGMR in seinem Urteil offen. Der Gerichtshof der Europäischen Union (Europäischer Gerichtshof, EuGH) in Luxemburg hatte dies 2011 bejaht und daher Patente auf menschliche Stammzellen abgelehnt. (mwo)

Urteil des EGMR Az.: 46470/11

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