Anti-Korruptionsgesetz

Was Ärzten bei Bestechung droht

Geld und Freiheitsstrafe: Das Anti-Korruptionsgesetz biegt im Parlament am Freitag auf die Zielgerade ein. Die "Ärzte Zeitung" gibt einen Überblick über die wichtigsten Eckpunkte.

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:
Noch ist auch in Sachen Korruptionsbekämpfung nichts in Erz gegossen.

Noch ist auch in Sachen Korruptionsbekämpfung nichts in Erz gegossen.

© electriceye / fotolia.com

BERLIN. Wer Ärzte und andere Heilberufler für Verordnungen oder Zuweisungen Gegenleistungen zukommen lässt, dem sollen künftig strafrechtliche Sanktionen drohen. Gleiches soll den Vorteilsnehmern blühen. So sieht es der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Korruption im Gesundheitswesen vor.

Der Entwurf hatte im Vorfeld der am Freitag beginnenden parlamentarischen Beratung bereits vielfach Kritik provoziert. Von Ärztenetzen wurden Befürchtungen laut, jegliche praxisübergreifende Kooperationsformen mit einer Gewinnverteilungskomponente könnten künftig unter Generalverdacht geraten.

Medizinrechtler monierten zudem, dass auch die bloße Verletzung berufsrechtlich kodifizierter Pflichten bei Verordnungs- oder Zuweisungsentscheidungen den Tatbestand der Bestechlichkeit hätte erfüllen sollen. So sah es zumindest noch der Referentenentwurf aus dem Bundesjustizministerium zu Jahresanfang vor.

Zwischenzeitlich wurde dieser Passus jedoch entschärft. Nun soll nurmehr die Vorteilsnahme für eine Verletzung der "berufsrechtliche(n) Pflicht zur Wahrung heilberuflicher Unabhängigkeit" geahndet werden.

Die wichtigsten Elemente des Kabinettsentwurfs:

- Es werden zwei spiegelbildlich formulierte neue Paragrafen 299a "Bestechlichkeit im Gesundheitswesen" und 299b "Bestechung im Gesundheitswesen" eingeführt.

- Adressaten des §299a sind sämtliche Heilberufler, deren Ausbildung staatlich geregelt ist: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker, Krankenpfleger, Ergotherapeuten, Logopäden und Physiotherapeuten.

- Bestraft werden sollen zum einen Vorteilsgewährung und Vorteilsnahme für eine unlautere Bevorzugung eines Anbieters im Zusammenhang mit Verordnung oder Abgabe von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln sowie der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial.

- Zum zweiten sollen auch Vorteilsgewährung und Vorteilsnahme für die Verletzung berufsrechtlich definierter Unabhängigkeit bestraft werden. Dieser Aspekt wird über Verordnungs- und Zuweisungsentscheidungen hinaus auch auf den Bezug von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln und Medizinprodukten, die ausdrücklich zur Abgabe an Patienten bestimmt sind, ausgedehnt. Und: Weil hier auf Berufsrecht abgestellt wird, sind nur verkammerte Heilberufe betroffen.

- Vorgesehen sind Geld und Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, in schweren Fällen bis zu fünf Jahren.

- Bestechung und Bestechlichkeit werden im Regelfall nur auf Antrag verfolgt. Das soll auch für das Gesundheitswesen gelten. Antragsberechtigte sind neben unmittelbar Verletzten und ihren Berufsverbänden laut Gesetzentwurf berufsständische Kammern, KVen und Kassenzahnärztliche Vereinigungen sowie gesetzliche und private Kostenträger.

Gesetz tritt spätestens Mitte 2016 in Kraft

Der Bundesrat, der dem Gesetz im übrigen nicht zustimmen muss, wünscht sich eine Erweiterung des Kreises der Antragsberechtigten um Träger der gesetzlichen Unfall- und Rentenversicherung. Die Bundesregierung hat signalisiert, diesen Vorschlag aufgreifen zu wollen und auch die Dienstherren der Beihilfe mit einzubeziehen.

Um eine entsprechende Formulierung wurde der Gesetzentwurf bis dato aber noch nicht ergänzt.Der weitere Gesetzgebungsfahrplan: Voraussichtlich Ende November, Anfang Dezember findet eine Experten-Anhörung im Rechtsausschuss statt. Mit der 2. und 3. Lesung ist im ersten Quartal 2016 zu rechnen.

Spätestens Mitte kommenden Jahres könnte das Gesetz in Kraft treten.

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