Pflegebetrug

Patientenschützer machen Druck auf die Politik

Die Stiftung Patientenschutz fordert in einem "8-Punkte-Plan", gesetzlich gegen Abrechnungsbetrug in der Pflege vorzugehen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:

BERLIN. Im April hat ein massiver Betrugsskandal in der Pflege die Branche erschüttert. Jetzt schlagen Patientenschützer vor, die laufende Pflegegesetzgebung zu nutzen, um die Spielräume für die Betrüger drastisch einzuengen.

Mit einem 8-Punkte-Plan will die Stiftung Patientenschutz die Gesundheitspolitiker davon überzeugen, das Pflegestärkungsgesetz III zu einem "Betrugsbekämpfungsgesetz" weiterzuentwickeln.

Dazu beitragen könnten Verwaltungsvereinfachungen, aber auch der Ausbau von Schwerpunktstaatsanwaltschaften und Straffreiheit für Selbstbezichtiger. Die Bagatellgrenze für eine Strafverfolgung von Pflegebetrügereien solle bei einer Schadenshöhe von 50 Euro liegen, schlagen die Patientenschützer vor.

Im April waren Erkenntnisse des Bundeskriminalamts öffentlich geworden, dass vornehmlich russische Pflegedienste die Sozialkassen systematisch um hohe Beträge betrügen. Hinweise darauf, dass die Politik aktiv gegen die Machenschaften vorgeht, sind den Patientenschützern wohl nicht untergekommen.

"Wir haben nicht den Eindruck, dass an dieser Stelle ein unglaublich dynamischer Schub existiert", sagte der Vorstand der Stiftung Patientenschutz Eugen Brysch am Dienstag vor Pressevertretern.

Deshalb hat die Stiftung alle Mitglieder von Gesundheits- und Rechtsausschuss am Dienstag über ihre Vorschläge informiert. Zusammengefasst handelt es sich um folgende Punkte.

Bislang können Betrüger ausnutzen, dass Pflegebedürftige, die sowohl Leistungen der Kranken- als auch Pflegekasse erhalten unter zwei verschiedenen Nummern geführt werden.

Das erschwere die Überprüfung der Abrechnungen. Als Kann-Regelung gibt es diese Möglichkeit bereits im SGB XI. Die in der Pflegeversicherung noch möglichen Abrechnungen auf Papier sollen abgeschafft werden.

Kontrollücke schließen

Eine Kontrolllücke solle geschlossen werden in Fällen, in denen Versicherte zusätzlich zur häuslichen Krankenpflege auch Pflegegeld ohne Sachleistungen erhalten.

Mehr Transparenz könne eine bundeseinheitliche Definition von Wohngemeinschaften und eine Meldepflicht dafür schaffen. Dafür müssten die Heimgesetze der Länder vereinheitlicht werden. Gleiches gelte bei einer behördlichen Meldepflicht für alle ambulanten Pflegedienste.

Whistleblower sollen Licht ins Dunkel bringen. Deshalb soll der Gesetzgeber anonyme Hinweise ermöglichen, fordert Brysch. Selbstanzeiger sollen straffrei ausgehen, schlägt Brysch vor. So sollen Informationen aus dem Inneren der Betrügerszene ans Licht kommen.

Die Länder sollen mit länderübergreifend tätigen Spezialermittlungsteams und Schwerpunktstaatsanwaltschaften wie in Bayern, Hessen, Thüringen und Nordrhein-Westfalen weitere Hürden für den Betrug aufbauen.

Das Gesundheitsministerium verwies auf bereits erfolgte gesetzliche Änderungen. So seien mit dem PSG II ab 2016 unangemeldete Anlasskontrollen der Medizinischen Dienste bei Anzeichen von Betrug möglich. Mehr Kontrollen der häuslichen Krankenpflege und der Pflegedienste bereits bei der Zulassung würden geprüft.

Der GKV-Spitzenverband plant für dieses Jahr ein bundeseinheitliches Konzept zur Überprüfung von Abrechnungen in der ambulanten Pflege. Ab nächstem Jahr sollen die Abrechnungen auf Auffälligkeiten gescreent werden können.

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