Schmerzensgeld

Augenärzte dürfen Diabetes nicht ignorieren

80.000 Euro Schmerzensgeld erhielt eine junge Frau wegen eines Behandlungsfehlers.

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KÖLN. Wenn ein Augenarzt bei einem Kind mit Diabetes mellitus die Sehnervuntersuchung unterlässt, begeht er damit einen groben Behandlungsfehler. Wenn der Patient dadurch einen wesentlichen Teil seiner Sehfähigkeit verliert, steht ihm ein Schmerzensgeld zu, entschied kürzlich das Oberlandesgericht Hamm (Az.: 26 U 107/15).

Der Fall: Eine heute 19-jährige Frau war 2007 an Diabetes mellitus erkrankt. Sie war mehr als ein Jahr lang in Behandlung bei einer niedergelassenen Augenärztin. Obwohl die Patientin mehrmals wegen einer Visusverschlechterung in die Praxis kam, verzichtete die Ophthalmologin auf eine Augeninnendruckmessung. Eine danach konsultierte weitere Augenärztin wies das Kind nach eingehender Untersuchung und dem vergeblichen Versuch, den Augeninnendruck medikamentös zu senken, in die Augenklinik ein. Dort wurde ein dekompensiertes juveniles Glaukom mit Kammerwinkeldysgenesie festgestellt. Die Patientin wurde mehrmals operiert. Ihre Sehfähigkeit verschlechterte sich von über 60 auf unter 30 Prozent.

Das Landgericht sprach der Patientin ein Schmerzensgeld von 25.000 Euro zu. In der Berufung erhöhte das Oberlandesgericht die Summe auf 80 000 Euro.

Der Sachverständige hatte den Verzicht auf die Augeninnendruckmessung als "unentschuldbar und nicht nachvollziehbar" eingestuft. Aufgrund des groben Befunderhebungsfehlers gestanden die Richter der Patientin eine Beweiserleichterung bezüglich der Folgen zu. Bei früherem Eingreifen hätten der weitere Verlust der Sehfähigkeit und die spätere Gesichtsfeldeinschränkung möglicherweise verhindert werden können. Die Sehbehinderung stelle für die Frau einen erheblichen Verlust an Lebensfreude dar, so das OLG. Der Sachverständige erwartet, dass sie wegen der weitreichenden Schädigung des Sehnervs erblinden wird. Das ist in dem zugesprochenen Schmerzensgeld noch nicht berücksichtigt. Revision wurde nicht zugelassen. (iss)

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