Entgelt-streit
Nicht auf Kosten der Schweigepflicht
STUTTGART.Arbeitnehmer und ihre Ärzte sollen in einem Streit um die Entgeltfortzahlung nicht mehr die Diagnose der Erkrankung offenlegen müssen. Nach einem aktuell veröffentlichten Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Baden-Württemberg müssen Arbeitgeber der Einschätzung der Krankenkassen vertrauen, dass eine Arbeitsunfähigkeit auf einer Ersterkrankung beruht, die den Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung verpflichtet.
Damit widersprach das LAG der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), wonach Arbeitnehmer gegebenenfalls gezwungen sind, ihre Ärzte von der Schweigepflicht zu befreien.
Die Klägerin war als Gruppenleiterin angestellt. Vom 22. September 2014 bis 3. März 2015 war sie insgesamt 65 Tage krank - deutlich mehr als jeden zweiten Arbeitstag. Hierfür legte sie 14 AU-Bescheinigungen vor. Dabei handelte es sich überwiegend um Erstbescheinigungen, also um die Bescheinigung einer neuen Krankheit. Nur für die Zeit vom 5. Februar bis 3. März 2015, legte sie nach der Erstbescheinigung fünf Folgebescheinigungen für dieselbe Erkrankung vor. Als die Frau anschließend erneut krank war, weigerte sich der Arbeitgeber, trotz der Auskunft durch die Kasse, dass keine anrechenbaren Vorerkrankungen bestünden, Entgeltfortzahlung zu leisten. (mwo)
Landesarbeitsgericht Baden- Württemberg; Az.: 4 Sa 70/15