Das schwache Geschlecht?

Apothekerinnen bei Existenzgründung im Aufwind

Zaghafter aber im Aufwind: Seit Jahren steigt der Anteil an weiblichen Existenzgründerinnen. Nur ein Trend oder eine Konsequenz der modernen Arbeitswelt und -ethik?

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Die Apothekerin von morgen? Statistisch gesehen packen immer mehr Frauen an und gründen eine Apotheke.

Die Apothekerin von morgen? Statistisch gesehen packen immer mehr Frauen an und gründen eine Apotheke.

© Christian Schwier / Fotolia

DÜSSELDORF. Am deutschen Apothekenmarkt findet eine zunehmende Feminisierung statt: Der Anteil der Frauen, die als Unternehmerinnen eine eigene Apotheke betreiben, wird mittelfristig steigen.

Diesen Trend deuten die Auswertungen der pharmazeutischen Existenzgründungen der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) an: Auch 2015 waren mit 55 Prozent mehr als die Hälfte der Existenzgründer weiblich.

Unter den Apothekeninhabern seien derzeit zwar die Männer in der Überzahl - obwohl nach Angaben der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) sieben von zehn in den Apotheken arbeitenden Pharmazeuten weiblich sind.

Die Analyse der Apothekengründungen in den vergangenen drei Jahren deutet nach Lesart der Standesbank jedoch darauf hin, dass der Anteil der selbstständigen Apothekerinnen langfristig steigt.

2014 habe der Anteil der weiblichen Existenzgründer noch bei 54 Prozent gelegen - ein Prozentpunkt niedriger als 2015 -, 2013 lag der Anteil der Apothekerinnen, die sich für den Schritt in die Selbstständigkeit entschieden, sogar bei 59 Prozent.

Männer drehen lieber das große Rad

Ob der Apothekeninhaber männlich oder weiblich ist, macht, wie die apoBank hervorhebt, durchaus einen Unterschied beim Investitionsverhalten. Während Männer für die Übernahme einer Apotheke 2015 im Schnitt 624.000 Euro investierten, waren weibliche Existenzgründer mit 457.000 Euro vergleichsweise eher zurückhaltend.

Der Blick auf die vergangenen drei Jahre zeige allerdings, dass dieser Abstand durch eine steigende Investitionstendenz bei Apothekerinnen kleiner werde. Die durchschnittlichen Volumina, die Männer bei Existenzgründung getätigt haben, blieben dagegen in den vergangenen Jahren relativ konstant.

Ein Blick in die Detailergebnisse zeigt, dass sich Frauen in puncto materiellem Wert der zu erwerbenden Apotheke mit 80 000 Euro im Vergleich zu den Männern mit 100 000 Euro kaum unterscheiden.

Beim ideellen Wert sind Männer mit einem Durchschnittswert von 376.000 Euro anscheinend an deutlich attraktiveren Apotheken interessiert als ihre weiblichen Pendants, die dafür im Schnitt nur 266.000 Euro zu zahlen bereit sind.

Somit summiert sich der reine Übernahmepreis bei den männlichen Existenzgründern auf 476.000 Euro - Apothekerinnen kommen auf einen Durchschnittswert von 346 000 Euro.

Beim Kostenpunkt Warenlager zeigen sich Pharmazeutinnen mit 90.000 Euro auch zurückhaltender als die männlichen Kollegen mit 116 000 Euro. Die Investitionen in die Übernahme taxieren Apothekerinnen mit 21.000 Euro, Pharmazeuten hingegen mit 32.000 Euro.

Wagemutiger? Männer gründen früher – mit einer Ausnahme

Das Durchschnittsalter der Pharmazeuten bei der Existenzgründung habe 2015 bei 37,5 Jahren gelegen, wobei Apothekerinnen sich mit durchschnittlich 38,1 Jahren später niederließen als ihre männlichen Kollegen mit 36,8 Jahren.

Umgekehrt verhalte es sich allerdings, wenn es um die Gründungen von Filialapotheken gehe: Die Entscheidung, das Apothekengeschäft zu erweitern, fiel 2015 im Durchschnitt in einem Alter von 43 Jahren. Männliche Apotheker waren hierbei laut Erhebung mit 43,2 Jahren etwas älter als ihre weiblichen Kolleginnen mit 42,6 Jahren.

Dabei sind Frauen weniger expansionsfreudig: 2015 erfolgten zwei Drittel aller Filialgründungen von männlichen Pharmazeuten.

Ein wichtiger Grund: Familienorientierung

"Ähnlich wie auch in anderen Heilberufen beobachten wir bei den Apothekerinnen, dass sie sich später niederlassen als ihre männlichen Kollegen", bilanziert Georg Heßbrügge, Bereichsleiter Gesundheitsmärkte- und -politik bei der apoBank.

"Letztendlich spiegelt das aber die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung wider, der zufolge auch die Familiengründung immer später erfolgt. Insgesamt bietet die Selbstständigkeit jedoch mehr Gestaltungsfreiraum als eine angestellte Tätigkeit, auch bei der Arbeitszeitgestaltung, beispielsweise um eine eigene Apotheke und Kindererziehung besser zu vereinbaren", so Heßbrügge.

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