Rx-Boni

SPD bringt einen Euro pro Packung ins Spiel

Statt den Rx-Versand zu verbieten, will die SPD allen Apotheken gleichermaßen erlauben, geringwertige Rezept-Zugaben zu gewähren. Die Idee rekurriert auf Vorgaben des Bundesgerichthofes.

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Durch das Boni-Urteil vom Oktober 2016 hat der EuGH ausländische Versandapotheken von der in Deutschland geltenden Preisbindung ausgenommen.

Durch das Boni-Urteil vom Oktober 2016 hat der EuGH ausländische Versandapotheken von der in Deutschland geltenden Preisbindung ausgenommen.

© Ulrich Baumgarten / dpa

BERLIN. In der Diskussion um Rx-Boni und ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln positioniert sich die SPD jetzt mit dem Vorschlag, rahmenvertraglich (§ 129 SGB V) einen Euro Bonus pro abgegebener Rx-Packung zu erlauben. Die Regelung sei zunächst auf zwei Jahre zu befristen. Währenddessen soll eine Expertenkommission Honorarentwicklung und Wettbewerbsverhältnisse im Apothekenmarkt evaluieren.

Wortführer der Idee sind die SPD-Gesundheitspolitiker Sabine Dittmar und Dr. Edgar Franke. Der Vorschlag sei in der Fraktion zwar noch nicht abschließend konsentiert, unter den Bundestagsabgeordneten der SPD herrsche aber "eindeutig die Meinung vor, den Rx-Versand nicht verbieten zu wollen", versicherte Franke auf Anfrage.

Bislang gibt es aus den Reihen der Genossen widersprüchliche Signale zu dem Gesetzgebungsvorhaben des Bundesgesundheitsministers, den Arzneimittelversandhandel künftig auf rezeptfreie Produkte einzuschränken.

"Rechtssicherer Kompromiss"

So hatte etwa Karl Lauterbach kürzlich Zustimmung der Genossen zu Gröhes Gesetzentwurf signalisiert, wenn im Gegenzug die Rezept-Zuzahlung abgeschafft wird. Auch der mächtige SPD-Landesverband NRW hatte sich bereits für ein Versandhandelsverbot ausgesprochen.

"Die vorgeschlagene Regelung ist ein rechtssicherer Kompromiss, mit dem alle leben könnten", ließ Franke verlauten. "In der digitalen Welt von heute ist das Verbot des Versandhandels ein Rezept von gestern." – Die beiden SPD-Gesundheitsexperten wollen ihre Idee als "Regelung zur Gleichbehandlung von niedergelassenen Apotheken und Versandapotheken" verstanden wissen.

Versandapotheken mit Wettbewerbsvorteil?

Durch das Boni-Urteil vom Oktober vorigen Jahres, mit dem der EuGH ausländische Versandapotheken von der in Deutschland geltenden Preisbindung auf Rx-Produkte ausgenommen hat, drohten Versandapotheken einen "Wettbewerbsvorteil gegenüber der stationären Apotheke" zu erlangen, so Franke weiter.

Zudem, wirbt Franke, sei die beabsichtigte Freigabe geringwertiger Rx-Boni "eine Lösung, die noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden kann", während das gesetzliche Verbot des Rx-Versands aufgrund des erforderlichen europäischen Notifizierungsverfahrens voraussichtlich wenigstens sechs Monate in Anspruch nehmen wird.

Daumen rauf, Daumen runter

Bei den Grünen, die das geplante Verbot des Rx-Versands ausdrücklich ablehnen, stieß das SPD-Papier auf Zustimmung. "Ich begrüße den Vorschlag der Kollegin und des Kollegen aus der SPD ausdrücklich in allen seinen Bestandteilen", erklärte die Grünen-Gesundheitsexpertin Kordula Schulz-Asche. Er biete "Leitplanken für einen reglementierten Preiswettbewerb" und beende "den von Gesundheitsminister Gröhe gestarteten Irrläufer, Politik einseitig aus Lobbyinteressen zu gestalten".

Beim Apothekerdachverband ABDA senkt man erwartungsgemäß den Daumen. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt nennt das SPD-Konzept in einer ersten Stellungnahme eine "Scheinlösung, mit der man sich offensichtlich über das Ende der Wahlperiode retten will". Auch eine Boni-Begrenzung, so Schmidt weiter, "würde nichts daran ändern, dass ein destruktiver Preiswettbewerb entsteht, Krankenkassen ihre Versicherten zu Versendern dirigieren und viele Apotheken vor Ort auf der Strecke bleiben".

Bereits 2010 hatte der Bundesgerichtshof in mehreren Fällen geurteilt, Zugaben im Rezeptgeschäft seien zwar arzneimittelrechtlich unzulässig. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht lasse sich aber eine Geringwertigkeitsschwelle bis zu einem Euro zugestehen. Drei Jahre später konkretisierte der BGH, die Geringwertigkeitsschwelle könne pro abgegebener Packung gelten, wonach also maximal drei Euro Bonus pro Rezept noch statthaft wären.

Übrigens wurden in den damaligen Verfahren keineswegs Bonus-Offerten von Versandapotheken verhandelt, sondern Prämientaler stationärer Apotheken. (cw)

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