Rezeptfehler

Uniklinik spürt Schwachstellen auf

Unleserliche oder missverständliche Rezepte sind an der Uniklinik Heidelberg Geschichte: Dort sorgt ein Qualitätssicherungsverfahren dafür, dass Verordnungen nur noch formal korrekt das Haus in Richtung Apotheke verlassen.

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:

BERLIN. 250.000 Rezepte werden jährlich an der Uniklinik Heidelberg ausgestellt. Bis vor einigen Jahren hatten Apotheker freilich immer wieder Grund, über die Verordnungen der Uni-Ärzte den Kopf zu schütteln. "Die formale Rezeptqualität war oft mangelhaft", berichtete Christine Katharina Faller von der Kooperationseinheit Klinische Pharmazie des Uniklinikums auf einer Pressekonferenz in Berlin.

Unleserlich geschrieben, missverständlich formuliert oder Arznei- und Heilmittelverordnungen auf einem Blatt: Zu häufig waren die Apotheker gezwungen, bei den Ärzten nachzufragen. "Das bedeutet für beide Seiten Mehraufwand", sagte Dr. Hanna Seidling, Leiterin der Kooperationseinheit. Schlimmer noch: Auch die Weiterversorgung der Patienten verzögert sich.

Ein Viertel der Rezepte betroffen

Denn eine Studie aus dem Jahr 2014 mit Apotheken in Baden-Württemberg zeigt: Der Zeitaufwand, bis ein missverständliches Rezept geklärt ist, beträgt durchschnittlich neun Minuten. "Im Einzelfall konnte es aber auch bis zu vier Tage dauern", so Seidling.

Bei knapp einem Viertel der Rezepte sahen sich 2012 die Apotheken gezwungen, bei den Ambulanzen der Uniklinik nachzufragen. Das war der Hochschule zu viel. Sie startete deshalb vor fünf Jahren eine Initiative, um die formale Rezeptqualität zu verbessern. Mit Erfolg: Unter Einbeziehung aller Beteiligten in der Klinik und nach einer Evaluation in den umliegenden Apotheken, welche die Schwachstellen der Rezepte zu Tage förderte, gelang es, ein Qualitätssicherungsverfahren zu etablieren. Dessen Kernelemente sind die Nutzung einer elektronischen zertifizierten Rezeptschreibesoftware, die Standardisierungen von Verordnungen sowie die Verbesserung des Wissens zu formalen Rezeptfehlern. Nachdem 2012 noch bei 23 Prozent der Rezepte Rückfragen durch Apotheker nötig waren, sank die Zahl der Nachfragen 2013 schon auf 8,6 Prozent und 2015 auf 4,1 Prozent.

Gleichzeitig wurde die Rezeptschreibesoftware von den Ärzten der Uniklinik immer öfter genutzt. Während vor fünf Jahren nur 35 Prozent der Verordnungen elektronisch verfasst wurden, waren es 2015 schon fast 82 Prozent.

Gut gerüstet fürs Entlassmanagement

Für das gesetzlich vorgeschriebene Entlassmanagement sieht sich die Universitätsklinik damit gut vorbereitet. "Wir freuen uns, dass wir jetzt auf solchen Strukturen aufbauen können. Und vielleicht können wir diese ja mit anderen Häusern teilen", so Seidling.

Für die Qualitätsinitiative erhielt die Uniklinik Heidelberg auf der jüngsten Jahrestagung des Aktionsbündnisses Patientensicherheit in Berlin den "Deutschen Preis für Patientensicherheit" und 10.000 Euro Preisgeld. Den zweiten Platz belegte das Kinderpalliativzentrum an der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln für die Evaluierung des Hygienekonzeptes "Pallini" (6000 Euro Preisgeld). Der dritte Platz mit 3500 Euro wurde an die Klinik für Allgemeine, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der LMU München für ein koordiniertes Osteoporosemanagement vergeben.

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