Regelversorgung

Bayern für mehr Förderung der Telemedizin

Auf dem 2. Bayerischen Telemedizintag machte sich Gesundheitsministerin Melanie Huml für eine forcierte Förderung der Telemedizin stark. Bestätigung erhielt sie unter anderem von der KV Bayerns.

Von Jürgen Stoschek Veröffentlicht:

MÜNCHEN. Eine stärkere Förderung der Telemedizin fordert Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) vom Bund. "Die Telemedizin muss rasch in die Regelversorgung der Gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen werden", erklärte Huml beim 2. Bayerischen Tag der Telemedizin im Münchner Universitätsklinikum Großhadern.

Die Telemedizin müsse nun endlich den Status von Pilot- und Modellprojekten verlassen und als Regelleistung in der GKV anerkannt werden. In Bayern seien auch dank der Förderung durch die Staatsregierung telemedizinische Verfahren inzwischen weit verbreitet, etwa im Bereich der Schlaganfall- und Herzinfarktversorgung.

"Eine bundesweite Ausdehnung wäre für die Patienten wichtig", erklärte Huml. Bayern fördert nach Angaben des Gesundheitsministeriums bereits seit 1995 telemedizinische Pilotprojekte und hat hierfür insgesamt rund zwölf Millionen Euro eingesetzt. Bislang gibt es in Bayern sechs geförderte Telemedizin-Netze und mehr als 50 Einzelprojekte.

Die Potenziale der Telemedizin seien noch längst nicht ausgeschöpft, erklärte der Präsident der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), Dr. Max Kaplan. Das gelte insbesondere auch für die Integration telemedizinischer Verfahren in den Praxisalltag.

Dabei müsse jedoch beachtet werden, dass bei der Ausgestaltung telemedizinischer Projekte die medizinische Notwendigkeit und nicht die technische Machbarkeit ausschlaggebend sein müsse. Bei telemedizinischen Anwendungen hätten die gleichen qualitativen Anforderungen zu gelten wie bei der konventionellen Patientenbehandlung, betonte Kaplan.

Im Gesundheitswesen gibt es nach Auffassung von Professor Eckhard Nagel vom Uniklinikum Essen zwei Gruppen, die "sich schwertun mit der Telemedizin".

Das seien die Patienten, und dabei vor allem die älteren Patienten, für die die moderne IT-Technik eine fremde Welt ist. Und das seien die Ärzte, die ihre therapeutische Freiheit nicht aufgeben wollten, erläuterte Nagel.

Unzufriedenheit im Bundesministerium

Vielfach würden von den Skeptikern datenschutzrechtliche Probleme angeführt, so Nagel. Solche Probleme lißen sich aber lösen, "wenn man das wirklich will."

Seiner Ansicht nach bietet die Telemedizin große Möglichkeiten, die die Versorgung sogar revolutionieren könnte. Um so wichtiger sei die Bereitschaft aller Beteiligten, "die Schritte mitzugehen", sagte Nagel.

Ein Ausbau der Telemedizin könnte für die nachwachsende Medizinergeneration eventuell ein Anreiz sein, sich im ländlichen Raum niederzulassen, meinte der Geschäftsführer der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), Stephan Spring. Voraussetzung für eine Verankerung der Telemedizin in der Regelversorgung seien jedoch Standardisierungen, an denen es heute noch vielfach fehle.

Unzufrieden äußerte sich dagegen Nino Mangiapane vom Bundesgesundheitsministerium in Berlin. "Was den Fortschritt in der Telemedizin anbelangt, könnten wir weiter sein. Wir sind nicht zufrieden", sagte der Ministeriumsvertreter und forderte die mehr als 500 Teilnehmer der Tagung auf: "Bringen Sie Ihren Sachverstand in Ihre Gremien ein."

Kritisch äußerte sich auch der Leiter der Landesvertretung der Techniker Krankenkasse (TK) in Bayern, Christian Bredl. "So wie die telemedizinischen Netzwerke derzeit finanziert werden, haben Sie keine Zukunft", erklärte Bredl am Rande der Tagung.

Die telemedizinische Versorgung beispielsweise für Schlaganfallpatienten werde weder patientenbezogen noch deutschlandweit einheitlich vergütet. "Die unterschiedliche Finanzierung führt dazu, dass bundeslandübergreifende Netzwerke derzeit nicht realisiert werden können. Das kann dramatische Auswirkungen zum Beispiel für Notfall-Patienten mit Schlaganfall in grenznahen Gebieten haben", erklärte Bredl.

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