E-Arztbrief

Der heiße Draht zum Kollegen

Der E-Arztbrief soll eine der nächsten Anwendungen der Telematikinfrastruktur werden. Dabei erhält die elektronische Kommunikation sogar eine gesetzliche Förderung. Doch was wie Zukunftsmusik klingt, können viele Praxen bereits nutzen.

Rebekka HöhlVon Rebekka Höhl Veröffentlicht:
Einige Systeme erlauben längst den automatischen, strukturierten Versand von E-Arztbriefen.

Einige Systeme erlauben längst den automatischen, strukturierten Versand von E-Arztbriefen.

© psdesign1 / fotolia.com

NEU-ISENBURG.Es roch nach etwas ganz Neuem: Als Gesundheitsminister Hermann Gröhe den Entwurf zu seinem E-Health-Gesetz vorlegte, stand da doch tatsächlich drin, dass künftig die Übermittlung elektronischer Arztbriefe (E-Arztbrief) gefördert werden soll.

 Laut Gesetzentwurf sind für die Jahre 2016 und 2017 pauschal 55 Cent je Übermittlung vorgesehen. Ab 2018 sollen dann Kassen und KBV über die weitere Höhe des Zuschlags verhandeln.

Gleichzeitig treibt die KV Telematik GmbH (KVTG) ihren Feldtest zur Erprobung des E-Arztbriefes via KV-Connect voran. Anfang März hatten sich immerhin schon über 80 Ärztenetze gefunden, die das Starterpaket für den auf drei Quartale befristeten Test geordert hatten.

Zwei Standards haben sich etabliert

Lösungen für Netze

comdoxx: Bei der Netzlösung der medatixx erfolgt die Kommunikation permanent im Hintergrund direkt zwischen den elektronischen Krankenblättern der beteiligten Praxen. Eine Arztbrieferstellung wird damit obsolet. Allerdings müssen die Patienten zuvor dem Datenaustausch innerhalb des Ärztenetzes bzw. unter bestimmten Netzärzten zugestimmt haben.

CGM-Vernetzungssoftware: Die Ärzte nutzen innerhalb des Systems ihre gewohnten CGM Arztinformationssysteme. Es gibt aber eine zusätzliche Modulfreischaltung für den E-Arztbrief, für den Zugriff auf Netzakten und den Zugriff auf Behandlungspfade.

Die KBV soll laut E-Health-Gesetz auch tatsächlich - im Einvernehmen mit den Kassen und der gematik - eine Richtlinie für die Ausgestaltung des elektronischen Arztbriefes auflegen.

Doch wirklich neu sind die Technik und das Verfahren zum elektronischen Versand von Arztbriefen nicht.

Sowohl Praxissoftware-Anbieter als auch Ärzte haben über die Jahre längst Erfahrungen mit den E-Arztbriefen gesammelt.

Zwei Standards bzw. Verfahren haben sich dabei über die Jahre mehr oder weniger etabliert: der VHitG-Arztbrief des Bundesverbands Gesundheits-IT (bvitg) und das D2D-Verfahren (das Kürzel steht für "Doctor to Doctor") der Telematik-Initiative der Kassenärztlichen Vereinigungen.

Allein das D2D-Verfahren wurde im August 2014 von 13.010 Ärzten in 10.593 Praxen genutzt. Das beliebte Verfahren wird Anfang 2016 allerdings von der KBV abgeschaltet - und dann komplett durch KV-Connect ersetzt.

Solange allerdings bleibt es in Betrieb und wird - wie einige weitere Verfahren auch - von den Praxis-EDV-Systemen weitestgehend unterstützt.

Damit verknüpft ist gleich die positive Botschaft für die Praxen: Die elektronische Kommunikation bedeutet eher selten neue Investitionen in die EDV und Technik.

Das gilt insbesondere für Praxen, die bereits über einen DSL-Anschluss und auch schon einen Konnektor (der die Verbindung zum sicheren Netz der Telematikinfrastruktur herstellt) verfügen.

Die Praxen müssen auch nicht dieselbe Arztsoftware nutzen - es braucht aber dieselbe Kommunikationstechnik.

Meist bieten die Praxis-EDV-Anbieter ihren Kunden hier jedoch verschiedene Kommunikationswege an - damit sie eben doch mit möglichst vielen Kollegen problemlos elektronisch kommunizieren können.

Metadaten laufen mit

Bei der Software Quincy der Frey ADV GmbH können Nutzer etwa über die GUSbox Arztbriefe versenden. Dabei können die Ärzte direkt von einem Kommunikationsrouter zum anderen - bzw. via GUSbox2GUSbox - die Briefe als PDF-Dokumente inkl. Metadaten an Kollegen, die ebenfalls die GUSbox nutzen, übertragen.

"In den letzten zwölf Monaten wurden so rund 81.500 Dokumente versendet", sagt Lars Wichmann, Geschäftsführer der Frey ADV GmbH.

Möglich sei zudem der Versand via GUSbox E-Mail. Wichmann: "Hierbei werden Arztbriefe per Acrobat-Passwort verschlüsselt übertragen." Und auch der Weg via KV-Connect - im PDF-Format - steht bereits zur Verfügung.

Voraussichtlich zur Mitte des Jahres soll laut Wichmann über KV-Connect dann ebenso der Versand im PDF-A Format möglich sein. "Hierzu werden wir uns von der KV-Telematik GmbH auditieren lassen."

In Schleswig-Holstein können Praxen zusätzlich den E-Arztbrief via KV-SafeMail im PDF-Format übermitteln.

Versand direkt aus der Praxissoftware

Die Ärzte müssen für das Übermitteln eines E-Arztbriefes wie gesagt nicht dieselbe Arztsoftware nutzen. Die Softwaresysteme der Praxen sollten in der Regel aber kompatibel sein.

Ein Quincy-Kunde könne bei der Kommunikation von GUSbox-zu-GUSbox etwa auch einen E-Arztbrief an einen S3-Kunden senden, erklärt Wichmann.

Beide müssen aber eben die GUSbox nutzen - also über dieselbe Kommunikationstechnik verfügen. Auch wer den Weg über KV-Connect wählt, sollte daher sicherstellen, dass der Empfänger ebenfalls an KV-Connect angebunden ist.

Werden Mail-Lösungen wie die GUSbox E-Mail genutzt, benötigt der Empfänger hingegen nur eine E-Mail-Adresse.

Der Versand an sich lässt sich unkompliziert aus der Praxissoftware heraus initiieren, wie das Beispiel Duria zeigt. Dort stehen Ärzten als Übermittlungsweg das D2D-Verfahren, KV-Connect und KOM-LE der gematik bereit.

Alle Verfahren sind in den normalen Praxis-EDV-Workflow integriert, werden also direkt innerhalb der Arztsoftware bereit gestellt. Die E-Arztbriefe lassen sich dabei mit dem elektronischen Heilberufsausweis signieren.

Die Übertragung der Daten läuft über einen verschlüsselten Kanal - es wird ein sogenanntes Virtual Private Network (VPN) genutzt. Zusätzlich ist laut Duria das auszutauschende Dokument von Anfang bis Ende der Kommunikation verschlüsselt.

Alle Daten werden verschlüsselt

Die sichere Übertragung der Daten ist dabei Standard bei allen Software-Anbietern: Bei den Softwarelösungen der medatixx werden für den möglichen Versand via D2D oder den Versand über den medatixx-Standard comdoxx Verschlüsselungsverfahren eingesetzt, die durch datenschutzrechtliche Gutachten bestätigt wurden.

Der Arztbriefversand via comdoxx steht dabei allen Ärzten, die medatixx-Systeme nutzen, zur Verfügung - ist laut dem Softwarehaus aber zusätzlich in fünf Fremdsystemen integriert, so etwa in Duria.

Alle Ärzte könnten jedoch in den medatixx-Systemen ebenso Arztbriefe per E-Mail versenden. Der Vorteil der etablierten Systeme wie comdoxx oder D2D sei jedoch, dass zum Teil sogar eine automatische Datenübertragung an ausgewählte Praxen stattfinde, heißt es aus dem Haus medatixx.

Voraussetzung sei lediglich eine einmalige Bestätigung der teilnehmenden Praxis, dass sie in der Lage ist, derartige Nachrichten zu empfangen.

Bei den Systemhäusern der CompuGroup Medical (CGM) läuft der sichere, verschlüsselte Versand entweder über KV-Connect oder ebenfalls ein eigens entwickeltes System, das CGM Connect.

Bei der Frey ADV GmbH haben die Praxen - wie skizziert - die Wahl zwischen GUSbox, KV-Connect und KV-Safemail oder einem via sicheren Passwort verschlüsselten E-Mail-Versand.

Während Duria aber etwa auf die E-Arztbrief-Technologie der KVen setzt, kommt bei den Häusern der CompuGroup (Albis, M1 Pro, Medistar, TurboMed) der VHitG-Arztbrief - und damit der Standard aus dem Bundesverband Gesundheits-IT - zum Einsatz.

 Interessant ist, dass auch Kliniken, bei denen CGM Jesajanet mit E-Arztbrief-Modul verwendet wird, eine direkte Austauschmöglichkeit mit den Praxen haben. Laut CGM funktioniert der Versand über Systemgrenzen hinweg.

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