Innovationsstark und exportorientiert - die Medizintechnik-Branche

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Die Medizintechnik-Branche gehört derzeit zu den innovativsten Industriesparten in Deutschland. Ein Drittel ihres Umsatzes erzielen die Unternehmen mit Produkten, die weniger als drei Jahre alt sind. Bei der Anzahl von Patenten und dem Welthandelsanteil liegt Deutschland auf Platz zwei hinter den USA. Im Durchschnitt investieren die Unternehmen der MedTech-Branche etwa zehn Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Zum Vergleich: Im verarbeitenden Gewerbe wird weniger als fünf Prozent für die Forschung ausgegeben.

Auf dem Weltmarkt der Medizintechnik sind die "drei Großen" unübersehbar: Siemens und Philips aus Europa und General Electric aus den USA. Alle drei Unternehmen melden weltweit Jahresumsätze im zweistelligen Milliardenbereich. Doch auch 12 500 deutsche Klein- und Mittelstandsunternehmen tummeln sich auf diesem Markt. Sie beschäftigen allein in Deutschland 170 000 Mitarbeiter und sind damit ein stabiler Wirtschafts- und Arbeitsmarktfaktor.

Die Produktpalette der MedTech-Firmen ist breit: Sie reicht von Fieberthermometern, Blutdruck- und Lungenfunktionsmessgeräten über Hörgeräte und Kontaktlinsen bis hin zu Magnetresonanztomografen. Für die Gründung eines MedTech-Unternehmens ist wegen der Entwicklungskosten der Produkte viel Geld nötig, daher sind die Eintrittsbarrieren für Neulinge hoch. Dies spricht zunächst für Großunternehmen, doch auch kleinere Unternehmen haben sich in Nischenbereichen als Marktführer etabliert, etwa das Thüringer Unternehmen Geratherm auf dem Markt für Wärmedecken für Unfallopfer oder die Münchner Pulsion, deren hämodynamische Monitore mittlerweile in fast 80 Prozent aller Intensivstationen in Europa zu finden sind.

Der Gesamtumsatz der deutschen Medizintechnik-Unternehmen wuchs im vergangenen Jahr um 7,6 Prozent auf 17,4 Milliarden Euro. Das Inlandsgeschäft legte sogar überporportional um 8,4 Prozent zu, jedoch wird diese Steigerung mit dem zurückliegenden Investitionsstau an Kliniken begründet. Dieser Boom wird sich nach den Schätzungen von Dr. Hanns Frohnmeyer, Analyst der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), in dieser Form nicht wiederholen. Künftiges Wachstum erwartet er lediglich aus dem Auslandsgeschäft.

Die relative Stagnation im Inland führt Dr. Tobias Weiler, Sprecher des Branchenverbandes Spectaris, darauf zuück, dass viele Hersteller von den derzeitigen Zulassungsbedingungen für Medizintechnik in Deutschland gebremst werden. Bevor eine neue Technik zugelassen und ihr Einsatz auch von den Krankenkassen erstattet wird, vergehen oft Jahre.

Ansehnliche Gewinnsprünge im vergangenen Jahr
Finanzkennzahlen von acht MedTech-Unternehmen
Unternehmen
Umsatz 2007 *
Gewinn 2007 **
Mitarbeiter
Eckert & Ziegler
  54,4 Mio
(+8 %)
5,7 Mio
(+19 %)
312
Biolitec
  39,0 Mio
(+34 %)
6,7 Mio
(+191 %)
234
World of medicine
  35,7 Mio
(+16 %)
5,8 Mio
(+ 108 %)
210
Pulsion
  28,2 Mio
(+15 %)
4,1 Mio
(+ 27 %)
200
aap Implantate
  28,0 Mio
(+52 %)
2,9 Mio
(+ 33 %)
289
Geratherm
   8,8 Mio
(+2 %)
0,6 Mio
(- 6 %)
80
MeVis Medical Solutions
     7,9 Mio
(-5 %)
0,5 Mio
(- 90 %)
92
co.don
     1,1 Mio
(+156 %)
- 0,5 Mio
(+65 %)
17
* in Euro (Vergleich zum Vorjahr)
** Gewinn vor Steuern und Zinsen in Euro (Vergleich zum Vorjahr)
Quelle: Geschäftsberichte 2007 der Firmen, Tabelle: ÄRZTE ZEITUNG
Etwa 600 deutsche Unternehmen aus der Medizintechnik sind börsennotiert. Nicht alle sind jedoch als Anlage für Privatleute zu empfehlen.

Deshalb sehen die MedTech-Hersteller Wachstumspotenzial nach wie vor vor allem im Ausland. Schon in den vergangenen zwei Jahren lag die Exportquote der Branche bei 64 Prozent. Die Unternehmen - auch die deutschen - blicken verstärkt auf das große Potenzial in Asien, wo ein gewaltiger Nachholbedarf besteht. Schwieriger gestaltet sich dagegen das Geschäft in den USA, dem jahrelang das Hauptaugenmerk der deutschen MedTech-Produzenten galt. Zum einen hat die Krise um die Häuserkredite und die darauffolgende wirtschaftliche Abschwächung jetzt auch Folgen für die Gesundheitswirtschaft, da manch ein Selbstzahler auch bei anstehenden Operationen sparen muss. Zum anderen werden generell im amerikanischen Gesundheitswesen die Leistungen stark gekürzt.

Langfristig profitiert die MedTech- Branche insbesondere vom demografischen Wandel. Die Weltbevölkerung wächst, die Lebenserwartung auf der ganzen Welt erhöht sich, vor allem in den Industrieländern geben die Menschen immer mehr für ihre Gesundheit aus. Etwa 245 Milliarden Euro waren es in Deutschland im Jahr 2006, das entspricht 10,6 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Die Tendenz ist steigend. Das ist eine große Chance für die Medizintechnik, die es noch einige Jahrzehnte mit wachsenden Märkten zu tun haben wird.

Aktien aus dem Bereich der Medizintechnik eignen sich daher nach Einschätzung von Analysten gut für den langfristig orientierten Anleger. Denn in einem solchen Markt kann es sinnvoll sein, die sorgfältig ausgewählten Aktien jahrzehntelang zu halten. Etwa 600 deutsche Unternehmen der Medizintechnik sind börsennotiert, ihre Aktien können grundsätzlich von jedermann gekauft werden. Nicht alle sind jedoch als Anlage für Privatleute zu empfehlen.

Zum einen erfordert ein Investment in Einzelwerte beträchtliches Spezialwissen, da sich die einzelnen Sektoren und Firmen schlecht vergleichen lassen und der Erfolg zudem sehr stark vom jeweiligen Management abhängt. Bei vielen MedTech-Unternehmen handelt es sich zudem um marktenge Aktienwerte, bei denen nur 2000 Aktien oder weniger pro Börsentag gehandelt werden. Wer kaufen oder verkaufen will, findet an der Börse daher nicht immer günstige Marktverhältnisse. LBBW-Analyst Frohnmeyer rät daher Privatleuten von Aktienkäufen kleiner Firmen ab und empfiehlt, in Fonds zu investieren oder Aktien einer Gesellschaft wie der BB Medtech AG zu kaufen, die sich auf Medizintechnik spezialisiert hat und derzeit an zehn Unternehmen beteiligt ist.

Antonia von Alten

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