Heftige Schlacht um Marktanteile im Bio- und Ökosegment

David gegen Goliath: Gesunde Ernährung ist in, doch kleinen Bioläden droht das Aus. Grund: Discounter entdecken die Naturliebe der Konsumenten.

Von Maren Martell Veröffentlicht:
Biomärkte kämpfen mit Attraktionen wie Kuhattrappen um Kunden.

Biomärkte kämpfen mit Attraktionen wie Kuhattrappen um Kunden.

© Foto: dpa

Sie tragen Namen wie "Biowiese" oder "Gaumenweide" und waren die Pioniere der Ökobranche. Mit den kleinen, oft im Großstadtkiez gelegenen Naturkostläden fing alles an. Nun macht ihnen die Konkurrenz der großen Supermarktketten und Discounter schwer zu schaffen. Seitdem auch Rewe, Edeka und Aldi Bio-Reiswaffeln und Öko-Müsli in ihre Regale stellen, wird die Luft für die oft inhabergeführten Geschäfte von nebenan immer dünner.

Ketten können bei Preisen ganz anders kalkulieren

"Ein Liter Milch, sechs Eier und ein halbes Brot, wir verkaufen viele Sachen, an denen wir kaum verdienen", klagt die Inhaberin eines kleinen Naturkostladens in Berlin. "Die Ketten können allein schon bei den Preisen ganz anders kalkulieren", betont Helmut Hübsch vom Marktforschungsinstitut GfK in Nürnberg. Wenn ein Handelsriese wie Rewe oder Edeka Bio einkauft, sei das auch für die Erzeuger viel interessanter.

Mittlerweile haben der GfK zufolge die konventionellen Supermarktketten und Discounter bereits fast 50 Prozent Marktanteil am gesamten Biolebensmittelmarkt. Allein im vergangenen Jahr verzeichneten sie in diesem Segment ein Wachstum von 23 Prozent. Die kleinen Naturkostläden legten hingegen nur um gut zwölf Prozent zu. Derzeit gibt es in Deutschland rund 3000 kleine Naturkostläden sowie rund 213 Biosupermärkte wie die von Alnatura, Basic oder Erdkorn.

Für Erzeuger sind die Discounter interessante Kunden.

Allein Alnatura, die im vergangenen Jahr mit 246 Millionen Euro ein Umsatzplus von 34 Prozent erzielte, will noch bis Ende 2008 fünf neue Bio-Supermärkte eröffnen und erwartet weiter ein zweistelliges Wachstum. Auch bei Basic sind im kommenden Jahr neue Märkte geplant. Deutschlands zweitgrößter Handelskonzern Rewe hat in seinen rund 3000 Supermärkten gut 300 Bio-Artikel im Sortiment.

"Die Biokurve zeigt weiter nach oben. Wir werden kontinuierlich behutsam wachsen", sagt Sprecher Andreas Krämer. Branchenexperten sehen trotz eingetrübter Verbraucherstimmung ein anhaltendes Wachstum bei Bio. Zwar meldete die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle im ersten Halbjahr einen Absatzrückgang bei Öko-Gemüse um fünf Prozent. Doch war dies vielfach auf ein zu knappes Angebot von frischer Ware zurückzuführen.

"Die typischen Bioeinkäufer sind die Besserverdiener, die sich auch in einem schwierigeren wirtschaftlichen Umfeld nur wenig einschränken", heißt es bei der GfK. Gaben die Haushalte vor zwei Jahren noch jährlich 64 Euro für Bio aus, werden es in 2008 schätzungsweise mehr als 80 Euro sein. Der Biomarkt sei gemessen am gesamten Lebensmittelmarkt aber weiterhin noch recht klein: 2007 wurden hier gut 5,3 Milliarden Euro umgesetzt. Der Gesamtumsatz im Lebensmitteleinzelhandel betrug rund 120 Milliarden Euro. An den Gesamtausgaben der deutschen Haushalte für Lebensmittel hat Bio gerade einmal einen Anteil von drei Prozent.

Branchenexperten sehen daher noch viel Potenzial. "Das Interesse der Verbraucher an gesunden und authentischen Lebensmitteln wird nicht abnehmen", betont Peter Röhrig vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft. Die kleinen Läden könnten sich gegenüber den großen Ketten mit hoher Produktqualität und regionalen Angeboten profilieren. "Die Nähe zum Verbraucher wird gerade angesichts von sich wiederholenden Lebensmittelskandalen immer wichtiger", so Gerald Wehde vom Anbauverband Bioland mit seinen rund 5000 Biolandwirten. (dpa)

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