Nippons Wink an Investoren und Kooperationspartner

Japan forciert beim Wiederaufbau der Mitte März durch Beben und Tsunami zerstörten Städte den Einsatz neuester Technik - eine Chance für deutsche Unternehmen.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
In Japan gelten maneki neko (winkende Katzen) als Glücksbringer. Winkt sie mit der rechten Hand, soll sie Geschäften Geld bringen. Nun könnte sie Investorengeld anlocken, damit die Sonne über Japan bald wieder strahlen kann.

In Japan gelten maneki neko (winkende Katzen) als Glücksbringer. Winkt sie mit der rechten Hand, soll sie Geschäften Geld bringen. Nun könnte sie Investorengeld anlocken, damit die Sonne über Japan bald wieder strahlen kann.

© Q.Sawami/ JNTO

OFFENBACH/DÜSSELDORF. Der 11. März 2011 hat Japan kaskadenhaft in eine Vierfach-Katastrophe gestürzt, für deren Folgenbewältigung das Land der aufgehenden Sonne auch auf Partner und Know-how von außen setzt.

Das hat Toyoei Shigeeda, japanischer Generalkonsul am Generalkonsulat von Japan in Frankfurt, vor kurzem in Offenbach gesagt.

Als vierte Katastrophe sieht Shigeeda den massiven Imageschaden für Japan an, den das weltweit als innovatives HighTech-Land geschätzte Japan erlitten habe - durch die durch das verheerende Erdbeben vor der Nordostküste Japans im Zusammenspiel mit dem Tsunami ausgelöste, nukleare Katastrophe am havarierten Atomkraftwerk in Fukushima.

Chancen bietet auch der Healthcare-Sektor

Nun sollten bewährte Partner, wie deutsche Unternehmen und Forscher, aber auch Touristen Nippon nicht den Rücken kehren, appellierte Shigeeda vergangene Woche auf der Veranstaltung "Hightech in Japan - Auswirkungen des Erdbebens auf Märkte, Kooperationen, Forschung und Entwicklung" der Industrie- und Handelskammer in Offenbach.

Deutsche Unternehmen könnten sich in Japan einerseits beim Wiederaufbau in den betroffenen Landstrichen engagieren, um so modernste Technik - zum Beispiel aus dem Bereich der erneuerbaren Energien oder intelligenter Stromnetze - zum Einsatz zu bringen. Willkommen seien, so Shigeeda, aber auch Investitionen in Japan sowie Kooperationen mit japanischen Unternehmen.

Wie die japanische Außenhandelsagentur JETRO (Japan External Trade Organisation) mit Verweis auf Angaben des Finanzministeriums hervorhebt, flossen bereits 2010 die drittgrößten Investitionsmittel aus Deutschland nach Japan - nach Großbritannien und den USA.

Vor allem auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aus dem Healthcare-Bereich könne sich ein Engagement in Japan - dem weltweit zweitgrößten Medizintechnik- und Pharmamarkt - lohnen. Darauf wies Mareike Neels, für Japan zuständige Regionalmanagerin des Ostasiatischen Vereins (oav), der als Träger des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft fungiert, in Offenbach hin.

Japan biete Gesundheitsunternehmen langfristig gerade deshalb gute Perspektiven, weil die Nachfrage nach Medizintechnikgeräten und Dienstleistungen weiter steigen werde. Denn der demografische Wandel werde Japan härter treffen als Deutschland. Hinzu komme ein hoher Modernisierungsbedarf. Nicht zuletzt gelte deutsche Medizintechnik als qualitativ hochwertig.

Vor allem deutsche KMU hätten nach Ansicht von Dr. Silke Bromann vom Japan-Zentrum der PhilippsUniversität Marburg auf der Suche nach Kooperationspartnern in Japan derzeit gute Karten. Denn die japanischen KMU müssten sich nach Effizienzreserven, wie sie eine Zusammenarbeit mit einem ausländischen Partner bringen kann, umsehen.

Die KMU stehen unter einem hohen Kostensenkungsdruck wegen der Globalisierung sowie eines Wandels in der Natur der Zulieferbeziehungen - bis dato wurden die Beziehungen auch durch Krisenzeiten hindurch und trotz höherer Preise von Großkonzernen im Land gehalten.

Wie Regine Dieth von der in Tokio ansässigen Deutschen Industrie- und Handelskammer in Japan erläuterte, seien derzeit branchenübergreifend rund 500 deutsche Unternehmen mit einer eigenen Niederlassung in Nippon vertreten. Mittelständler exportierten eher über Handelshäuser, als selbst vor Ort einen Vertrieb zu unterhalten.

Nippon Boehringer Ingelheim

Das deutsche Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim setzt auf den Standort Japan, wo es in Kobe mit rund 100 Mitarbeitern sowie eigener Forschung und Entwicklung vertreten ist.

Eine Unternehmenssprecherin bewertete die japanische Tochter Nippon Boehringer Ingelheim auf Nachfrage der "Ärzte Zeitung" als "unverzichtbare Einrichtung, insbesondere im Hinblick auf den japanischen Markt und seine besonderen Anforderungen."

Der Standort "ist Stützpunkt unserer Forschung in Asien und bleibt essenzieller Bestandteil unseres Forschungsnetzes". Die Labore seien integriert in den Kobe Medical Science Cluster und kooperierten mit etwa zwei Dutzend akademischen Laboren in Japan. Mit wissenschaftlichen Einrichtungen bestünden etwa 15 Abkommen zu Forschungskooperationen. 

Der größte Teil des Engagements deutscher Firmen in Japan beschränke sich auf den Vertrieb, einige wenige unterhielten auch eine eigene Produktion. Im Bereich von Forschung und Entwicklung fänden sich viele Entwicklungskooperationen mit japanischen Unternehmen und Universitäten.

Von Seiten der großen Pharmaunternehmen sei, so Dieth, Boehringer Ingelheim als einziges Großunternehmen der Branche mit eigener Forschung und Entwicklung in Japan präsent. Nippon Boehringer Ingelheim (siehe Kasten) stelle für das Gesamtunternehmen den unmittelbaren Austausch mit wissenschaftlichen Instituten sowie den engen Kontakt zu Start-ups sicher.

Dieth sieht vor allem im wissenschaftsbasierten Bereich am Innovationsstandort Japan gute Chancen für deutsche Unternehmen.

Für den 18. Juni stehe in Tokio ein Kabinettsbeschluss zu Japans neuer Wachstumsstrategie an, der sieben bevorzugt zu fördernde Bereiche umfasse, darunter den Healthcare-Sektor. Darauf wies Hiroaki Ishii Executive Vice President der JETRO in Tokio, am Freitag auf dem unter anderem vom nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium ausgerichteten "Wirtschaftstag Japan" in Düsseldorf hin.

Medizinmesse Medica dient als Kontaktplattform

Ishii bekräftigte für den Bereich Medizintechnik und Pharma, vor allem auf die weltgrößte Medizinmesse Medica im November in Düsseldorf zu setzen, um japanische und deutsche KMU in Kontakt zu bringen. Auf die in die Medica integrierte Zulieferermesse Compamed setzt auch Dr. Uwe Kleinkes.

Der Geschäftsführer des Fachverbandes für Mikrotechnik (IVAM), in dem zahlreiche Zulieferer der Medizintechnikbranche vertreten sind, berichtete in Düsseldorf von bereits sehr gut funktionierenden deutsch-japanischen Kooperationen bei den MedTech-Zulieferern.

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