Pharma-Preise

Bayer hofft auf Dialog

Die Standortbedingungen forschender Pharmaunternehmen in Deutschland stehen immer wieder in der Kritik. Beim Traditionskonzern Bayer hofft man nun auf ressortübergreifende Gespräche mit Gesundheits-, Wirtschafts- und Forschungsministerium.

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LEVERKUSEN. Die Pharmaindustrie hat bei der Information über die wirtschaftliche Bedeutung der Branche und den Wert innovativer Arzneimittel schon viel erreicht, darf bei den Erfolgen aber nicht stehen bleiben.

"Es ist noch viel Aufklärungsarbeit der Pharmaindustrie darüber gefordert, was Innovation bedeutet", sagte Frank Schöning, Geschäftsführer der Bayer Vital GmbH, bei einem Pressegespräch am Montag in Leverkusen.

Innovationen mit hoher Relevanz

In einer aktuellen repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag von Bayer haben 51 Prozent der Erwachsenen der Aussage zugestimmt, dass die Industrie angemessene Preise erzielen muss, damit sie teure Forschung auch langfristig finanzieren kann.

Am höchsten ist die Zustimmung dabei mit 73 Prozent bei den 18- bis 29-Jährigen, am niedrigsten mit 41 Prozent bei den 45- bis 59-Jährigen.

Insgesamt 46 Prozent der Befragten stimmen der Aussage allerdings eher nicht oder überhaupt nicht zu. "Daran wollen und müssen wir arbeiten", betonte Schöning. Innovationen hätten eine große gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Relevanz.

Bayer Health Care gehört nach seinen Angaben zu den wenigen Pharmafirmen, die gegenwärtig eine prall gefüllte Pipeline haben. "Durch die Rahmenbedingungen wird es aber nicht leichter, innovative Produkte auszubieten und erfolgreich an den Patienten zu bringen", kritisierte Schöning. So würden etwa bei der frühen Nutzenbewertung viele Entscheidungen zu sehr auf die spätere Preisfindung ausgerichtet.

Der Zusatznutzen werde häufig wegen formaler Aspekte negiert, patientenrelevante Endpunkte würden nicht genügend berücksichtigt. "Wenn kein Zusatznutzen festgestellt wird, bedeutet das nicht automatisch, dass ein Produkt keinen Zusatznutzen hat", sagte der Bayer Vital-Chef.

Er begrüßte die Absicht von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), einen ressortübergreifenden Dialog der Ministerien für Gesundheit, Wirtschaft und Forschung mit der Pharmaindustrie in Gang zu bringen. "Wir werden die Möglichkeit bekommen, unsere Innovationskraft zu platzieren", hofft Schöning.

Der Dialog könne aber nur dann fruchtbar sein, wenn die Verwaltungsverfahren nach dem AMNOG überarbeitet werden, betonte die Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Arzneimittelhersteller Birgit Fischer. Sie kritisierte methodische Mängel im Nutzenbewertungsverfahren ebenso wie bei den Bewertungen.

Politik soll stärker steuern

Durch die dominierende Rolle des GKV-Spitzenverbands, der sowohl bei den Vorgaben als auch bei der Beschlussfassung und der Preisverhandlung beteiligt sei, gebe es eine Unwucht im System. "Die Preispolitik hat den Vorrang, anstatt dass der Bedeutung der Arzneimittel für die Versorgung Rechnung getragen wird", sagte Fischer.

Das gefährde die Innovationspolitik. "Es müssen faire Verfahren gefunden werden", forderte sie.

Eigentlich hätte Deutschland nach ihrer Einschätzung gute Voraussetzungen, "Leitmarkt der Gesundheitswirtschaft" zu sein. Es gebe ein exzellentes wissenschaftliches Netzwerk, eine große Anzahl von Pharmaunternehmen mit Sitz oder Standort hierzulande und eine hohe Exportquote der Unternehmen von fast 80 Prozent.

Das Land sei die weltweite Nummer zwei für industrielle klinische Studien. Aber: "Deutschland setzt durch eine rigide Preispolitik den Standort aufs Spiel", warnte sie. Fischer macht sich dafür stark, dass sich die Politik stärker in diesen Bereich einmischt. "Man darf das Thema nicht allein der Selbstverwaltung überlassen." (iss)

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