Konkurrenzschutz

Sozialrichter stärken Reproduktionsmediziner

Reproduktionsmedizinische Praxen dürfen sich frühzeitig gegen unliebsame Wettbewerber in der Region wehren. Das Bundessozialgericht hebt in seiner Begründung auf die Besonderheiten der Praxen für Reproduktionsmedizin ab.

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KASSEL. Reproduktionsmediziner können schon gegen die Genehmigung für einen Wettbewerber durch die Ärztekammer Widerspruch einlegen und klagen. Das hat der Vertragsarztsenat des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel in seiner jüngsten Sitzung entschieden.

Denn die Genehmigung sei der erste Schritt, um bedarfsabhängig Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbringen zu können.

Reproduktionsmediziner benötigen neben der Zulassung oder Ermächtigung durch die KV auch eine Genehmigung durch die Landesärztekammer. Im Streitfall hatte die Landesärztekammer Baden-Württemberg einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) eine solche Genehmigung erteilt.

Dagegen wandte sich ein niedergelassener Gynäkologe, dessen reproduktionsmedizinische Praxis nur 30 Kilometer entfernt von dem MVZ liegt.

Den Widerspruch wies die Ärztekammer mit dem Hinweis zurück, allein von der Genehmigung sei der Arzt noch nicht in seinen Rechten betroffen. Dem waren auch das Sozialgericht und das Landessozialgericht (LSG) Stuttgart gefolgt. Der Versorgungsbedarf sei von der Ärztekammer nicht zu prüfen.

Keine Parallele zur Dialyse

Allerdings hatte das BSG bereits im Juni dieses Jahres entschieden, dass schon die Ärztekammer auch die Versorgungssituation mit in den Blick nehmen soll. Danach soll die KV ihr Verfahren zunächst aussetzen und später der Genehmigung im Regelfall folgen, sofern nicht "spezifische vertragsarztrechtliche Gründe" entgegenstehen.

Als Konsequenz daraus sprach das BSG nun in seinem neuen Fall betroffenen Ärzten ein Widerspruchs- und Klagerecht schon gegen die Genehmigung zu. Nach dem Kasseler Urteil muss daher die Landesärztekammer neu über den Widerspruch entscheiden und dabei nun auch den Bedarf prüfen.

Zur Begründung wies das Bundessozialgericht auch darauf hin, dass reproduktionsmedizinische Praxen besonders stark von Konkurrenz betroffen seien, weil sie sich wegen der notwendigen personellen und sachlichen Ausstattung meist komplett auf entsprechende Leistungen ausrichten.

Mit ihrem Urteil stellten die Kasseler Richter klar, dass Genehmigung und Zulassung in der Reproduktionsmedizin nicht dem ebenfalls zweistufigen Verfahren bei der Dialyse entsprechen. Hier geht dem Versorgungsauftrag ebenfalls eine Genehmigung voraus. Diese ist allerdings rein qualifikationsbezogen und beinhaltet keinerlei Bedarfsprüfung.

Nach einem BSG-Urteil von 2007 (Az. B 6 KA 8/06 R) können Wettbewerber hier daher nicht gegen die bloße Genehmigung vorgehen. (mwo)

Urteil des Bundessozialgerichtes, Az.: B 6 KA 5/15 R

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