Marktreport

Biotechfirmen standen schon schlechter da

Zwei Beratungsfirmen, zwei Stimmungsbilder zur deutschen Biotechnologie: Biocom übt sich in Champagnerlaune, Ernst & Young gießt Wasser in den Wein.

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BERLIN/FRANKFURT. Gleich zwei Beratungsunternehmen mit Biotech-Expertise haben zu Wochenbeginn Branchenreports mit Zahlen aus 2017 präsentiert: die Berliner Biocom AG und Ernst & Young.

Danach erreichte der Gesamtumsatz der deutschen Biotechunternehmen im vergangenen Jahr erstmals mehr als vier Milliarden Euro. Bei Biocom ist das ein Zuwachs von 16 Prozent, bei E&Y ist von lediglich acht Prozent Plus die Rede.

Auch bei den F&E-Ausgaben der rekombinant tätigen Unternehmen kommen beide Marktforscher zu annähernd gleichen Werten – nur aus entgegengesetzter Richtung: Während Biocom die F&E-Investitionen der Branche für 2017 auf 1,12 Milliarden Euro taxiert und damit 1,2 Prozent Zuwachs berichtet, sind es bei Ernst & Young 1,2 Milliarden Euro, die allerdings einen Rückgang um drei Prozent repräsentieren.

Hinsichtlich Neugründungen ergibt sich ebenfalls ein kontroverses Bild: Mit insgesamt 646 Biotechfirmen im engeren Sinne zählte Biocom im Vorjahr 31 mehr als in der Vergleichsperiode 2016 – "eine so große Steigerung hat es seit 2005 noch nie gegeben".

Ernst & Young hingegen kommen auf 647 Unternehmen und darin lediglich acht Neugründungen. Laut Biocom nahm die Branchenbelegschaft um acht Prozent auf 21.860 Mitarbeiter zu, laut Ernst & Young sogar um 12 Prozent auf 25.927 Köpfe.

Kennzahlen sind positiv

Biocom-Sprecherin Sandra Wirsching erklärt die Abweichungen mit unterschiedlicher Zählweise und Abfrageintensität bei den inländischen Branchenplayern.

Immerhin sind sich beide Analystenhäuser darin einig, dass die Unternehmens-Finanzierung 2017 mit 673 Millionen Euro eingesammeltem Kapital (Biocom) beziehungsweise 627 Millionen Euro (E&Y) ein neues Rekordniveau darstellt.

In der Zusammenfassung gehen die Meinungen freilich wieder auseinander. Während Biocom unumwunden titelt "Biotech-Branche wächst kräftig", tritt die Branche insbesondere, was Frühfinanzierung, Gründungsdynamik und F&E-Investments betrifft, bei Ernst & Young bestenfalls "auf der Stelle".

E&Y-Studienautor Dr. Siegfried Bialojan bemüht gar eine berüchtigte Formulierung Maos: "Der große Sprung nach vorn bleibt aus". Bialojan: "Rekordumsätze, Rekordfinanzierung, steigende Mitarbeiterzahlen – die Kennzahlen der Biotechbranche in Deutschland sind numerisch positiv.

Dennoch entspricht dies bei weitem nicht dem tatsächlichen Potenzial in Deutschland". Bialojan fordert – "wenn wir international wieder Anschluss finden wollen"– eine Neuausrichtung der Forschungsförderung, die "zu projektfokussiert" sei.

Auch sollte die Start-up-Finanzierung verbessert werden, etwa durch steuerbegünstigte Venture-Capital-Fonds. (cw)

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