Online-Termine mit Mehrwert für Praxen

Online-Terminsysteme können mehr, als Patienten ohne langes Warten am Telefon einen Arzttermin zu vermitteln. Ein Beispiel zeigt es: Lässt sich das System an die individuellen Wünsche der Praxis anpassen, wird es zum wichtigen Analysetool.

Rebekka HöhlVon Rebekka Höhl Veröffentlicht:
Gerade berufstätige Patienten schätzen die Online-Buchung von Arztterminen.

Gerade berufstätige Patienten schätzen die Online-Buchung von Arztterminen.

© Danielle Bonardelle / fotolia.com

Termine können Patienten in deutschen Praxen bisher eher selten online buchen. Wie eine Befragung der Stiftung Gesundheit zum Thema "Ärzte im Zukunftsmarkt Gesundheit 2010" unter rund 460 Ärzten, Zahnärzten und psychologischen Psychotherapeuten zeigt, bieten nur 14 Prozent der Praxen ihren Patienten die Terminvergabe via Internet an. Und das, obwohl 56 Prozent der befragten Ärzte in der Online-Terminvergabe einen Service für Patienten sehen.

Vor allem zwei Gründe lassen Ärzte nicht selten zurückschrecken: Termine, die online vereinbart wurden, könnten mit konventionell ausgemachten Terminen kollidieren, meinen 33 Prozent der Befragten, oder es könnten sogar Termine doppelt vergeben werden könnten (22 Prozent).

Genau bei diesen Ängsten will das Fuldaer Unternehmen Mahr & Partner ansetzen. Vor rund zwei Jahren begannen die drei Geschäftspartner, Martin Mahr, Dirk Strehlow und Maik Schmidt, damit, ihr Terminsystem VisWa zu entwickeln. Dabei stand für die Unternehmer von Anfang an fest, dass VisWa mehr können sollte, als Patienten schnelle Online-Termine in Praxen zur Verfügung zu stellen.

Es sollte auch ein Management- und Analysetool für Praxen werden - und zwar eines, das sich individuell zuschneiden lässt. Aus diesem Grund ist VisWa nicht nur eine technische Lösung für Praxen, es enthält auch einen Beratungsbaustein.

Pate bei der Entwicklung stand auch gleich eine hausärztliche Gemeinschaftspraxis, in der das System Anfang April implementiert wurde. Die besondere Herausforderung sei dabei gewesen, dass die Gemeinschaftspraxis von Dr. Philipp Tölle und Dr. Fabian Tölle im hessischen Flieden zuvor überhaupt kein Terminsystem gehabt habe, erklärt Martin Mahr. Bevor der Sohn von Dr. Philipp Tölle mit in die Praxis eingestiegen sei, habe der Arzt mit einer offenen Sprechstunde gearbeitet. "Mit dem Ergebnis, dass die Spitzenwartezeit für Patienten schon einmal bei 1,5 bis zwei Stunden lag", sagt Mahr.

Mit dem Praxisteam wurden Terminregeln erarbeitet

Eine Herausforderung, die den Unternehmern aber auch zeigte, worauf es bei dem System ankommt. Zunächst wurde gemeinsam mit dem Praxisteam ein Regelwerk für die Terminvergabe erstellt. Hierbei habe man aus Erfahrungswerten der Praxis heraus Zeitfenster für verschiedene Terminarten festgelegt, die später nachjustiert werden können.

Ganz konkret heißt das, dass im System für einen Check-up beim Seniorchef 30 Minuten hinterlegt wurden, für Vorsorgetermine 15 Minuten und für alle anderen Termine 10 Minuten. Der Juniorchef hat sich seine Termine noch weiter untergliedern lassen. Für ihn reserviert das System beim Check-up 45 Minuten, für Standarduntersuchungen 10 Minuten, bei neuen Patienten 15 Minuten, für eine Duplex-Sonographie 30 Minuten etc.

Und auch für Behandlungsarten der Medizinischen Fachangestellten, etwa den Demenztest, wurden Zeiten hinterlegt.

Zusätzlich wurden nach den individuellen Wünschen der Ärzte Pufferzeiten vergeben, falls ein Termin einmal länger dauert. Und es wurden spezielle Zeitfenster für gut planbare Behandlungen und IGeL geschaffen. Insgesamt seien die Wartezeiten in der Praxis nun auf maximal 25 Minuten gesunken, so das Feedback der Praxis.

Soweit ist die Technik ähnlich wie bei den meisten Terminsystemen. Mahr und seinen Kollegen - und auch der Praxis - war aber noch etwas wichtig: Das System hat eine Schnittstelle zur Praxis-Software, so lässt sich nach den Patientendaten suchen. Das ist wichtig, weil in dem Terminsystem alle Patienten mit Versicherungsstatus bekannt sind.

 "Das ist nicht nur für spätere Praxis-Analysen interessant", so Mahr, sondern so könnten bestimmte Praxiszeiten für Privatpatienten zunächst geblockt werden und das System vergebe automatisch den Termin nur an einen Privatpatienten. "Ohne dass das Praxisteam das groß im Wartezimmer kommunizieren muss.

Und ohne GKV-Patienten zu verärgern." Denn der Patient bekommt davon bei der Online-Terminbuchung nichts mit. Er erhält nur Vorschläge für freie Termine, ohne zu sehen, welche Zeitfenster für welche Untersuchungen etc. geblockt wurden.

Doppelbelegungen von Terminen schließe das System aus, indem es in Echtzeit mit den Patienten kommuniziere. Wobei das System direkt in der Praxis - entweder auf einem Server oder in kleinen Praxen auch nur auf einem Rechner - liege. Lediglich die Kommunikation mit den Patienten laufe über eine verschlüsselte Verbindung online und über einen externen Server ab.Damit könnten die Praxen auch bei Störungen der Internetleitung mit dem Terminsystem weiterarbeiten.Dabei lägen jedoch keine Patientendaten im Internet, so Mahr.

Damit Patienten keinen Missbrauch mit den Online-Terminen betreiben können, müssen sie sich vom Praxisteam in VisWa freischalten lassen. Sie erhalten dann eine E-Mail mit ihren Zugangsdaten. Wobei das Praxisteam global festlegen kann, dass Patienten zum Beispiel maximal zwei Online-Termine pro Quartal buchen dürfen.

Diese Zahl lässt sich aber auch individuell anpassen. Ähnlich sieht es, wie Mahr demonstriert mit der Zeit für Termine aus, mit ein paar kleinen Eingaben können einzelne Patienten einen Zeitzuschlag erhalten. "Etwa wenn ich weiß, das ist eine ältere Dame, die zehn Minuten fürs Ausziehen braucht", sagt Mahr.

Patienten können gebuchte Termine nicht selbst löschen

Jeder online von Patienten gebuchte Termin ist zudem fest gebucht. Mahr: "Die Patienten können keine Termine selbst löschen. Dafür müssen sie in der Praxis anrufen." Für das Praxisteam sei es natürlich jederzeit möglich, Termine zu löschen oder geblockte Zeitfenster etwa für IGeL für andere Termine freizugeben.

Und: Die Patienten erhalten eine automatische Buchungsbestätigung und Terminerinnerung, mit der Bitte, Termine rechtzeitig abzusagen. "Bei Individuellen Gesundheitsleistungen werden sie auch direkt über den Preis informiert", berichtet Mahr.

Das System lässt sich aber ebenso für Terminbuchungen der Praxis bei anderen Fachkollegen nutzen. Ähnlich wie die Patienten würden die Praxen Zugangsdaten erhalten und könnten dann für ihre Patienten Termine online buchen. Wobei die Praxen die Möglichkeit haben, im Feld "Anmerkungen" wichtige Hinweise und Infos zum jeweiligen Patienten zu ergänzen.

Wer die Online-Terminvergabe über seine Praxis-Website laufen lassen will, kann laut Mahr das System dort integrieren. Geplant sei zudem, dass künftig Analysetools für verschiedene Terminarten direkt im System hinterlegt werden und dem Arzt per Knopfdruck eine Auswertung liefern, ebenso wie ein automatisiertes Recall-Verfahren.

Und wie sieht es mit den Kosten aus? Für eine Praxis mit zwei bis fünf Behandlern falle für die IT eine Pauschale von 1500 Euro und für die Beratung von 1000 Euro an. Dies beinhalte eine unbegrenzte Zahl von Nutzerlinzenzen innerhalb der Praxis.

Außerdem, so Mahr, seien 50 Prozent der Beratungskosten - maximal aber 1500 Euro - durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (www.bafa.de) förderbar. Zusätzlich kommen monatlich 15 Euro für die OnlineApplikation und 25 Euro für den Support (der nach einem Jahr kündbar ist) hinzu.

Als Systemvoraussetzung müssen Praxen übrigens für die Serverlösung einen Windows Server 2003 SP2, Windows XP SP3 oder eine neuere Version mitbringen. Für die Client-Lösung brauchen sie als Betriebssystem Windows XP SP3 oder eine neuere Version.

www.viswa.de

Lesen Sie dazu auch: Bei Web-Terminsystemen haben Ärzte die Qual der Wahl

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