Koi weg, Auto weg, Versicherungsschutz weg

Mit den abenteuerlichsten Begründungen versuchen Versicherte, Geld von den Assekurranzen zu bekommen. Die "Ärzte Zeitung" hat einige bemerkenswerte Fälle aus der Versicherungsbranche zusammengestellt.

Von Maik Heitmann und Wolfgang Büser Veröffentlicht:
17 000 Euro für drei Koi wollte eine Hundehaftpflichtversicherung nicht für die angeblich von Bello geräuberte Delikatesse zahlen.

17 000 Euro für drei Koi wollte eine Hundehaftpflichtversicherung nicht für die angeblich von Bello geräuberte Delikatesse zahlen.

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KAMEN. Ein Makler, der den Versicherten um seine Lebensversicherung prellt, ein Autofahrer, der seine Prämien nicht zahlt und dennoch auf Versicherungsschutz pocht, eine Hundehaftpflichtversicherung, die drei Luxusfische ersetzen soll, die ein Hund angeblich aus einem Teich gefischt hat. Der Alltag eines Versicherungs-Sachbearbeiters ist nicht immer grau. Einige Beispiele:

Vereinbart ist vereinbart: Ein Mann überließ seinem Versicherungsmakler die Original-Policen seiner Lebensversicherung, weil der ihm geraten hatte, die Versicherungen beitragsfrei zu stellen. Er sagte ihm, dass er "das für ihn übernehmen" wolle. Der Makler setzte eine gefälschte Unterschrift des Klienten unter die - angebliche - Kündigung und ließ das Geld auf das Konto einer Strohfrau überweisen, die er als Tochter des Versicherten angab.

Der geprellte Versicherte ging gegen die Gesellschaft an, weil er der Meinung war, sie habe mit der Auszahlung rechtswidrig gehandelt. Und stieß vor Gericht - zuletzt beim Bundesgerichtshof (BGH) - auf taube Ohren. Denn die Versicherung dürfe das eingezahlte Kapital auch an den Überbringer des Versicherungsscheins auszahlen.

Und das, so der BGH, obwohl es sich nicht um den Versicherungsnehmer handele.Das gelte jedenfalls dann, wenn das in den Versicherungsbedingungen so vereinbart sei. Der gehörnte Versicherungsnehmer könne allenfalls gegen den unberechtigten Geldempfänger vorgehen - nicht jedoch gegen die Versicherungsgesellschaft (Az.: IV ZR 16/08).

Kfz-Versicherungsschutz umsonst: Wer besonders "schlau" sein will, den bestraft das Schicksal - zeitversetzt - besonders hart. Ein Autobesitzer meldete sein neues Gefährt bei einer Kfz-Haftpflichtversicherung an und bekam auch vorläufig Deckungsschutz zugesichert. Die "Erstprämie" bezahlte er jedoch nicht.

Überhaupt blieb er die Beitragszahlungen standhaft schuldig. Fünf Jahre später verursachte er einen schweren Unfall, für den seine Kfz-Haftpflichtversicherung aufkommen sollte - was sie auch tat. Auf die fehlenden Beitragszahlungen angesprochen, konterte er: Er sei dazu nicht verpflichtet gewesen - schließlich habe der Versicherer keinerlei Mahnungen an ihn geschickt.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth verurteilte den forschen Mann zum Ersatz der von der Versicherung verauslagten Reparaturkosten in Höhe von 13.500 Euro. Es sei treuwidrig, Leistungen der Versicherung zu verlangen, "ohne auch nur einen Cent" an sie gezahlt zu haben. Die wegen eines technischen Fehlers fehlenden Mahnungen seien kein Grund, ein Fahrzeug jahrelang kostenfrei "versichern" zu lassen (Az.: 8 O 4525/06).

Ein Reißverschluss reicht nicht: Dass eine mit einem Reißverschluss verschlossene Handytasche keine "ausreichende Aufbewahrung" im Sinne einer Diebstahlversicherung ist, musste eine Frau erfahren, der am Kölner Hauptbahnhof das Handy gestohlen wurde. Die Versicherung weigerte sich, den Wert von rund 500 Euro zu bezahlen und verwies auf die Versicherungsbedingungen.

Die regelten, dass Versicherungsschutz bei Diebstahl nur dann bestehe, wenn das Handy "im persönlichen Gewahrsam sicher mitgeführt" wurde. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt, so das Amtsgericht Köln. Denn je höher das Risiko eines Diebstahls sei, desto besser müsse der Besitzer auf das versicherte Gut aufpassen. Die Aufbewahrung in einer verschlossenen Handtasche reiche an einem solchen Hauptstadtbahnhof nicht aus (Az.: 147 C 16/09).

Diebstahlschutz auf polnisch: Ein Besitzer eines neuwertigen Audi A8 lud in Polen Diebe geradezu ein, seinen Wagen zu stehlen. Er hatte sein Fahrzeug geparkt, war ausgestiegen, ohne den Zündschlüssel abzuziehen, und unterhielt sich auf der Beifahrerseite mit einem Passanten. Sehenden Auges erlebte er also den Diebstahl seines Pkw.

Deswegen, so das Oberlandesgericht Rostock, dürfe er sich nicht wundern, wenn seine Vollkaskoversicherung die Regulierung des Schadens ablehne. Denn: In Polen seien Fahrzeugdiebstähle "an der Tagesordnung". Damit müssten Eigentümer hochweriger Limosinen rechnen (Az.: 5 U 153/08).

Wer zündelt, muss Folgen tragen: Eine Mutter verschuldete einen Brand in ihrer Mietwohnung, indem sie ihren Sohn (5) in der Wohnung zurückließ, um einzukaufen, und der Junge mit einem Feuerzeug zündelte. Die Wohngebäudeversicherung des Vermieters beglich zwar die Rechnungen für die Reparaturen, nicht jedoch den Mietausfall, den die Mieterin verursachte, weil sie die Miete nicht mehr voll überwies.

Sie war der Meinung, die Wohnung sei "nicht mehr voll zu nutzen". Weil sie allerdings die Schuld an dem Schaden trage, so das Oberlandesgericht Düsseldorf, müsse sie auch die Folgen tragen (Az.: 4 U 13/03).

Hund mit Sinn fürs Edle: Es sei lebensfern, dass sich ein Hund aus einem Gartenteich, in dem rund 40 Koi - eine japanische, besonders teure Zuchtform des Karpfens - schwimmen, ausgerechnet die drei Exemplare mit dem höchsten Marktwert "angelt" und tötet. Mit dieser Begründung wies das Landgericht Coburg die Klage des angeblichen Eigentümers von drei Koi-Karpfen , die einen Wert von insgesamt 17.000 Euro gehabt haben sollten, ab, der mit der Tierhalter-Haftpflichtversicherung einer Hundebesitzerin im Streit lag.

Da weder die Kadaver der Edelfische zu finden waren noch sich der vom Teichbesitzer angegebene Fischverkäufer an den Verkauf erinnern konnte, ging das Gericht schließlich davon aus, dass es sich bei dem Fall um einen versuchten Versicherungsbetrug gehandelt hat. Es wies die Schadenersatzklage gegen die Versicherung komplett ab (Az.: 23 O 849/06).

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