Praxiswechsel

Orientieren sich Ärzte beruflich neu, ändern sich oft auch Versicherungsverträge. Wer nicht aufpasst, muss etwa beim Wechsel von der Gemeinschafts- in die Einzelpraxis höhere Prämien als zuvor hinnehmen.

Veröffentlicht:
Speziell bei Tätigkeitsänderungen sollten Ärzte ihre Versicherungspolicen genau unter die Lupe nehmen.

Speziell bei Tätigkeitsänderungen sollten Ärzte ihre Versicherungspolicen genau unter die Lupe nehmen.

© Djama / fotolia.com

KÖLN. Wenn ein Arzt aus einer Gemeinschaftspraxis ausscheidet oder sich die Praxis komplett auflöst, ist das mit einer Vielzahl organisatorischer, betriebswirtschaftlicher und steuerlicher Fragen verbunden.

Die ehemaligen Partner müssen sich auch darum kümmern, was aus dem Versicherungsschutz wird.

"Das Thema Versicherungsschutz fällt in einer solchen Situation leicht hinten runter", weiß Nadja Bürger, Abteilungsleiterin für den Bereich ambulantes Gesundheitswesen beim Versicherungsmakler Ecclesia.

Die Fortführung der verschiedenen Deckungen ist für die Kollegen, die in der Praxis bleiben, kein großes Thema. Sie müssen vor allem die Versicherer über die Veränderungen informieren.

"Derjenige, der die Praxis verlässt, braucht aber ohne Lücke Anschlussversicherungen", sagt sie.

In der Berufshaftpflicht haften Ärzte in einer Gemeinschaftspraxis meist gesamtschuldnerisch, erläutert Bürger. "Wenn die Partner über einen Sammelvertrag abgesichert sind, muss der ausscheidende Arzt seinen Versicherungsschutz neu regeln."

Er muss den Versicherer über den Stichtag der Trennung von der Gemeinschaftspraxis oder dem MVZ informieren und darüber, wie sich seine weitere berufliche Tätigkeit gestaltet.

Anstellung oder Einzelpraxis?

Wechselt er von der freiberuflichen Tätigkeit in eine Anstellung, liegt die Verantwortung für die Berufshaftpflicht beim Arbeitgeber. "Praktiziert der Arzt in einer Einzelpraxis, muss er aber seinen Haftpflichtschutz neu regeln", betont sie.

Dabei können Probleme lauern. Sowohl der bisherige als auch ein neuer Versicherer werden sich den Schadenverlauf der Vergangenheit genau ansehen.

Gibt es viele oder teure Vorschäden, kann der Arzt Schwierigkeiten bekommen, eine neue Deckung zu finden, oder er muss mit deutlich höheren Prämien und Selbstbehalten rechnen. Das gilt selbst dann, wenn seine früheren Partner die Schäden verursacht haben.

Besser argumentieren kann der Arzt in einem solchen Fall, wenn in der Gemeinschaftspraxis alle Schäden dokumentiert wurden, sagt Bürger. Bei der Auseinandersetzung mit dem Versicherer sei auf jeden Fall die Unterstützung durch Experten sinnvoll.

Grundsätzlich ändert sich an der Höhe der Prämie durch den Wechsel der Rechtsform nichts, sagt Marco Kaufmann vom Bereich Produktmanagement Sachversicherung bei der Deutschen Ärzteversicherung.

Rabatt entfällt

"Entscheidend ist die ausgeübte Tätigkeit." Allerdings entfällt beim Schritt von der Gemeinschafts- in die Einzelpraxis der Rabatt, den die Partner in Kooperationen häufig erhalten, wenn sie ihre Verträge zusammenführen.

Auch deshalb ist es wichtig, dem Versicherer die veränderte Situation zu melden.

Die gesamtschuldnerische Haftung gibt es nicht nur in der Berufshaftpflicht-, sondern auch in der Sachversicherung, zum Beispiel für Beitragsverbindlichkeiten, wenn die Partner eine gemeinschaftliche Deckung hatten, betont Bürger von Ecclesia.

Sie rät Ärzten dazu, in der Auflösungsvereinbarung für die Kooperation festzuhalten, wer im Innenverhältnis für welchen Teil der Verbindlichkeiten haftet - inklusive der Versicherungen.

Sonst könnte etwa in der Elektronikversicherung der Anbieter von einem Arzt den kompletten Beitragsanteil einfordern, obwohl er die Praxis in der Zwischenzeit schon verlassen hat.

Ort der Praxis zählt für Deckung

In der Praxisinhaltsversicherung ist häufig der Ort der Praxis für die Deckung entscheidend, sagt Kaufmann von der Deutschen Ärzteversicherung.

"Die Praxisinhaltsversicherung ist losgelöst von der Zahl der Ärzte." Wer in der Praxis bleibt, übernimmt auch den Versicherungsschutz, wer sie verlässt, muss sich um eine neue Deckung kümmern.

Bei der Rechtsschutzversicherung sollten Ärzte nicht nur die berufliche Deckung im Blick haben, empfiehlt Kaufmann. Für Kooperationen gebe es oft Policen, die auch den privaten Rechtsschutz absichern.

 Gehen die Partner auseinander, hat nur noch derjenige die private Deckung, der auch die Praxispolice weiterführt. Die Überprüfung des Versicherungsschutzes bei einer beruflichen Neuorientierung ist für Ärzte mit einigem Aufwand verbunden.

 Ihn sollten sie für einen Versicherungs-Check nutzen, empfiehlt Bürger. "Das ist die beste Gelegenheit zu prüfen, welche Möglichkeiten es am Markt bei Preisen und Bedingungen gibt." (iss)

Mehr zum Thema

Drogenpolitik

Mit der Cannabis-Freigabe gewinnt die Selbstmedikation

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System

Lesetipps
Der Patient wird auf eine C287Y-Mutation im HFE-Gen untersucht. Das Ergebnis, eine homozygote Mutation, bestätigt die Verdachtsdiagnose: Der Patient leidet an einer Hämochromatose.

© hh5800 / Getty Images / iStock

Häufige Erbkrankheit übersehen

Bei dieser „rheumatoiden Arthritis“ mussten DMARD versagen