Lebensversicherung

Sicherungsfonds fungiert als Rettungsring

Die aktuelle Niedrigzinsphase macht Lebensversicherern zu schaffen. Kommen sie ins Straucheln, bleibt Sparern ein gesetzlicher Sicherungsfonds, der bei Insolvenzen einspringt.

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Gehen Versicherer insolvent, greifen in der Regel Sicherungssysteme.

Gehen Versicherer insolvent, greifen in der Regel Sicherungssysteme.

© TommL / istock.com

KÖLN. Die Zinsen sind so niedrig wie lange nicht mehr. Vor allem Lebensversicherer haben damit Probleme. Es fällt ihnen zunehmend schwer, die Renditen zu erwirtschaften, die sie ihren Kunden bei Vertragsabschluss versprochen haben.

Wenn sie diese Garantien nicht bereitstellen können, müssen sie an ihre Eigenmittel gehen. Eine mögliche Folge: Insolvenz. Viele Sparer wissen nicht, was dann mit ihren eingezahlten Beiträgen passiert.

Es liegt nahe, dass der eine oder andere Anbieter in Schwierigkeiten gerät, sagt Rechtsanwalt Thomas Leithoff von der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht.

"Wenn die Zinsen noch fünf oder sechs Jahre so niedrig bleiben, wird eine ganze Reihe von Versicherern nicht mehr genug Zinseinnahmen und Reserven haben, um alle vertraglich zugesicherten Leistungen zu decken", sagt er.

In einem solchen Fall greift der gesetzliche Sicherungsfonds für die Lebensversicherung Protektor. Ihn gibt es bereits seit 2002. Er soll Kunden von Lebensversicherern vor den Folgen einer Insolvenz ihres Anbieters schützen.

Strauchelt ein Unternehmen, übernimmt Protektor auf Anordnung der Finanzaufsicht BaFin die Verträge. Diese werden fortgeführt, die Leistungen für Altersvorsorge und Risikoschutz bleiben erhalten, ebenso wie die bereits gewährten Gewinnbeteiligungen.

Die Verträge können nach erfolgreicher Sanierung an einen anderen Versicherer übertragen werden. Der marode Versicherer wird von Protektor nicht saniert.

Schutz an Bedingung geknüpft

Geschützt sind Besitzer von kapitalbildenden Lebensversicherungen, Risikolebensversicherungen, privaten Rentenversicherungen und fondsgebundenen Lebenspolicen. Verträge von Pensionskassen, die Protektor freiwillig beigetreten sind, können ebenfalls vom Schutz profitieren.

Er greift allerdings nur, wenn der Vertrag bei einem deutschen Lebensversicherer oder einer deutschen Niederlassung eines Versicherungsunternehmens innerhalb der EU oder des Europäischen Wirtschaftsraumes geschlossen wurde. Für deutsche Kunden eines Versicherers außerhalb dieses Raumes ist Protektor nicht zuständig.

Protektor wurde 2002 von den deutschen Lebensversicherern gegründet, um Bestände der kriselnden Mannheimer Leben zu übernehmen. Die Auffanggesellschaft übt ihre Aufgaben im Auftrag der Kreditanstalt für Wiederaufbau aus, die als staatliche Bank damit von der Bundesregierung beauftragt wurde.

Bis heute ist die Mannheimer Versicherung der einzige Sicherungsfall für die Gesellschaft geblieben. Das wird aber nicht so bleiben, erwartet Anwalt Leithoff. "Ich glaube, dass der Mannheimer-Bestand bei Protektor nicht alleine bleiben wird."

Protektor funktioniert folgendermaßen: Alle im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft organisierten Lebensversicherer zahlen nach Marktanteil in einen gemeinsamen Topf ein. Der wird genutzt, um Kundenansprüche zu bedienen.

Das Vermögen von Protektor betrug im Jahr 2014 knapp 818 Millionen Euro. Darüber hinaus gibt es eine gesetzliche Nachschusspflicht über denselben Betrag. "Wenn es Protektor mal schlecht ginge, müssten alle Versicherer noch mal Geld einzahlen", sagt Leithoff.

Leistungsfähigkeit ist endlich

Bisher funktioniert der Sicherungsfonds. Aber alle Versicherer wissen: Eine kleine Gesellschaft wie die Mannheimer konnte Protektor gut auffangen. Kommen jedoch mittelgroße Versicherer in Schwierigkeiten, wäre das sehr schwierig, bei einem der größten fünf Lebensversicherer fast unmöglich.

Auch der bei der EZB angesiedelte Europäische Ausschuss für Systemrisiken in Frankfurt warnt davor, dass die Leistungsfähigkeit von Protektor endlich ist.

Experten sind sich uneins, was in einem solchen Fall mit den Kundengeldern passieren würde. Dafür verantwortlich ist eine unklare Regelung im Versicherungsaufsichtsgesetz. Dort heißt es an einer Stelle, dass Kunden maximal fünf Prozent ihrer Ansprüche verlieren könnten.

Weiter hinten im Gesetz findet sich aber eine Passage, dass die Versicherungsaufsicht zeitweise alle Arten von Auszahlung verbieten kann, um eine Sanierung des in Schieflage geratenen Versicherers zu ermöglichen. Damit hätten Kunden zumindest temporär keinen Zugriff auf ihr Geld.

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