Digitalisierung
Zögern ist schädlich
Der rein digitale US-Krankenversicherer Oscar ist für viele Versicherer ein wichtiges Vorbild. Dabei hat das Unternehmen erst 125.000 Kunden und ist gerade mal drei Jahre alt. Zudem ist überhaupt nicht sicher, ob das Unternehmen die von Donald Trump angekündigte Revision der Gesundheitsreform ("Obamacare") überleben wird. Dennoch: Die junge Firma hat Bahnbrechendes entwickelt.
Oscar weiß alles über die Behandlungen seiner Kunden. Die Gesellschaft sieht sich als zentraler Zugangspunkt zum Gesundheitswesen. Bei Alltagsbeschwerden helfen firmeneigene Ärzte. In anderen Fällen rät der Versicherer zu einem bestimmten Arzt oder Krankenhaus. Oscar weiß damit auch sehr viel über die Ärzte, ihre – dort frei verhandelbaren – Gebühren, die Kunstfehler, die laufenden Verfahren.
Wer glaubt, so etwas sei hierzulande nicht möglich, irrt. Alle privaten Krankenversicherer denken über weitere Digitalisierungsschritte nach, dazu gehört die enge Begleitung des Patienten. Die Ärzte müssen sich darauf vorbereiten – und selbst in Kooperation mit Krankenkassen und Privatversicherern digitale Lösungen entwickeln.
Die zögernde Haltung vieler Ärzte zur elektronischen Gesundheitskarte und anderen digitalen Helfern schadet dabei ungemein. Wenn sie sich verweigern, geben die Mediziner das Heft des Handelns aus der Hand.
Herbert Fromme ist Wirtschaftsjournalist in Köln.