RKI zur Pandemie

Corona-Lage: Vorsichtiger Optimismus, aber keine Entwarnung

Die Zahl der Neuinfektionen scheint sich zu stabilisieren. Die Gesamtsituation bleibt aber ernst, betont RKI-Präsident Wieler. Eine Entwicklung macht ihm besonders Sorgen.

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RKI-Präsident Professor Lothar Wieler: „Die Zahl der COVID-19-Intensivpatienten hat sich in den vergangenen zwei Wochen verdoppelt.“

RKI-Präsident Professor Lothar Wieler: „Die Zahl der COVID-19-Intensivpatienten hat sich in den vergangenen zwei Wochen verdoppelt.“

© AP Pool / dpa / picture alliance

Berlin. Zwar flacht sich die Kurve der SARS-CoV-2-Infektionen in Deutschland aktuell etwas ab, was RKI-Präsident Professor Lothar Wiesler am Donnerstag „vorsichtig optimistisch“ stimmte. Die Gesamtsituation sei aber auch weiter sehr ernst.

„Wir wissen nicht, ob es sich um eine stabile Entwicklung handelt.“ Die Zahlen könnten auch einfach durch ausgeschöpfte Laborkapazitäten bedingt sein.

Dunkelziffer an SARS-CoV-2-Infektionen nimmt zu

In der vergangenen Woche hatte das RKI die Teststrategie geändert, da sich Testlabore deutschlandweit am Limit befinden. Demnach sollen Personen mit geringen Symptomen und ohne Bezug zu Risikogruppen oder Clustern nicht mehr getestet werden. Dies führe natürlich zu einer höheren Dunkelziffer an Infizierten, gab Wiesler zu. Allerdings sei die Dunkelziffer an Infizierten nicht unbedingt ausschlaggebend.

Laut DIVI-Register gibt es derzeit (Stand 12.11, 12:15 Uhr) 3186 COVID-19-Patienten, die auf Intensivstationen liegen. „Die Zahl hat sich in den vergangenen zwei Wochen verdoppelt und wird weiter steigen“, so Wiesler. Auch wenn dies, wie Experten gerade berichteten, langsamer geschieht als zunächst befürchtet. Wiesler betonte: „An dieser Zahl sollten wir uns orientieren.“ Schon die Hälfte aller Kliniken melde im DIVI-Register begrenzte oder keine Verfügbarkeit, in einigen Klinken sei der Regelbetrieb eingeschränkt worden.

Der limitierende Faktor ist dabei mit Abstand das fehlende Pflegepersonal, gefolgt vom Mangel an Verbrauchsmaterialien. Wieler führte aus, durch die hohen Infektionszahlen müsse auch mehr Klinikpersonal in Quarantäne.

Nachdem sich über den Sommer hinweg besonders Jüngere infiziert haben, steigt auch in Altenheimen die Fallzahl wieder. „Hier gibt es aber gute Konzepte, die Zahlen könnten deutlich höher liegen“, so Dr. Ute Rexroth, Leiterin des RKI-Lagezentrums. Hochaltrige zu ihrem Schutz zu separieren sei nicht zielführend. Dies hatten Forscher in der „Great Barrington Declaration“ gefordert, die allerdings von vielen Virologen kritisiert wurde.

Mehr Corona-Ausbrüche an Schulen

Derzeit gebe es auch immer mehr Ausbrüche an Schulen, Wieler schätzte die Zahl auf etwa 370. Das spiegele sich auch in der COVID-19-Inzidenz in der Altersgruppe der 10-19-Jährigen wider. „Sie liegt bei über 160/100.000“, berichtete Wieler. „Wir wissen, dass Kinder ab der Pubertät in etwa so viel Virus ausscheiden wie Erwachsene, SARS-CoV-2 wird also auch aus Schulen herausgetragen.“ Dennoch gälten weiter die RKI-Empfehlungen vom 12. Oktober. Demnach ist die Aufrechterhaltung eines „Unterrichtsangebots als Präsenzunterricht vorrangiges Ziel“.

Viele Schulen hätten gute Hygienekonzepte entwickelt, diese müssten aber stringent durchgesetzt und kontrolliert werden. Dies gelte auch für Restaurants – wenn sie denn im Dezember wieder öffnen dürfen. Denn um die Wirkung des Teil-Lockdowns einschätzen zu können, sei es noch zu früh, betonte Wieler. (bae)

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