Präzisionsmedizin

EU-Parlament nimmt Empfehlungen zur Künstlichen Intelligenz an

Am Dienstagnachmittag hat die EU auf dem Weg zu einer KI-Verordnung, die unter anderem den Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Medizin regeln soll, eine wichtige Hürde genommen.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Der Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Medizin verspricht viel Entlastung und Entscheidungshilfe für Ärzte. Die EU feilt derzeit an einer Verordnung für die Rahmenbedingungen.

Der Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Medizin verspricht viel Entlastung und Entscheidungshilfe für Ärzte. Die EU feilt derzeit an einer Verordnung für die Rahmenbedingungen.

© metamorworks / stock.adobe.com

Straßburg. Etwas schneller als noch Ende März von dem CDU-Europaabgeordneten Axel Voss, zugleich Berichterstatter des Sonderausschusses zu Künstlicher Intelligenz im digitalen Zeitalter (AIDA) befürchtet, hat das EU-Parlament am Dienstag in seiner Sitzung in Straßburg die endgültigen AIDA-Empfehlungen angenommen.

Der Bericht wird in die anstehenden parlamentarischen Arbeiten zu KI einfließen, insbesondere in das avisierte KI-Gesetz (Artificial Intelligence Act/AIA), das derzeit im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) und im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) diskutiert wird.

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Das KI-Gesetz soll Ende September von den beiden Ausschüssen IMCO und LIBE gemeinsam verabschiedet werden, wie es von Parlamentsseite heißt. Bis zum Jahr 2030 will die EU via Verordnung die KI-Anwendung in verschiedenen Kontexten wie zum Beispiel der Big-Data-Diagnostik oder der Präzisionsmedizin in trockenen Tüchern haben.

In dem Text, angenommen mit 495 zu 34 Stimmen, bei 102 Enthaltungen, heißt es, dass in der öffentlichen Debatte über den KI-Einsatz deren enormes Potenzial im Mittelpunkt stehen sollte, die Tätigkeiten der Menschen zu ergänzen. In den Empfehlungen steht, dass die EU im weltweiten Wettbewerb um die führende Rolle im Bereich der Technologie „ins Hintertreffen geraten“ ist.

Es bestehe die Gefahr, dass künftige technologische Standards anderswo entwickelt werden, oft von nicht-demokratischen Akteuren, wobei die Abgeordneten der Meinung sind, dass die EU im Bereich der KI-Standards weltweit eine Führungsrolle einnehmen muss.

Regulierung nur in angemessener Form!

Die Abgeordneten nennen politische Möglichkeiten, die das Potenzial der KI im Hinblick auf Gesundheit, Umwelt und Klimawandel freisetzen könnten, um bei der Bekämpfung von Pandemien und des weltweiten Hungers zu helfen und die Lebensqualität der Menschen durch personalisierte Medizin zu verbessern.

Sie sind der Auffassung, dass die Einführung von KI in Verbindung mit der erforderlichen Infrastruktur, Bildung und Schulung die Kapital- und Arbeitsproduktivität, die Innovation und das nachhaltige Wachstum steigern und Arbeitsplätze schaffen könnte.

Die EU sollte KI nicht immer als Technologie regulieren, heißt es. Das Niveau regulatorischer Eingriffe sollte in einem angemessenen Verhältnis zur Art des jeweiligen individuellen und/oder sozialen Risikos stehen, das mit der Nutzung eines KI-Systems verbunden ist.

Das Parlament bekräftigt, dass die EU auf eine globale Einigung über gemeinsame Standards für den verantwortungsvollen Einsatz von KI drängt. Gleichgesinnte Demokratien hätten das Potenzial, gemeinsam diese internationale Debatte zu gestalten, heißt es in dem Text.

Die Abgeordneten betonen auch, dass KI-Technologien wichtige ethische und rechtliche Fragen aufwerfen, und äußern sich besorgt über militärische Forschung und technologische Entwicklungen im Bereich tödlicher autonomer Waffensysteme.

Nexus zum Ukraine-Krieg

Für Voss zeigt die EU mit dem Bericht „deutlich, dass KI die Digitalisierung vorantreiben und den globalen digitalen Wettbewerb verändern wird. Unser Fahrplan für KI versetzt die EU in die Lage, eine weltweite Führungsrolle zu übernehmen.“

Und ergänzt: „Wir brauchen einen Rechtsrahmen, der Raum für Innovationen lässt, und einen harmonisierten digitalen Binnenmarkt mit klaren Standards. Wir brauchen maximale Investitionen und eine robuste und nachhaltige digitale Infrastruktur, zu der alle Bürgerinnen und Bürger Zugang haben.“

Somit fängt er Bedenken auf, die vor allem industrieseitig mit Blick auf eine drohende Überregulierung geäußert wurden. Vor allem für viele kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), wie sie die deutsche MedTech-Branche prägen, seien die Anforderungen, die ihnen durch die novellierte Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation/MDR) oder die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und bald durch den AIA, aber auch im Zuge der am Dienstag ebenfalls in Straßburg von der EU-Kommission vorgestellten, avisierten Verordnung für den Europäischen Gesundheitsdatenraum (European Health Data Space/EHDS), teilweise nicht mehr erfüllbar.

Der rumänische Liberale und Vorsitzende des AIDA-Ausschusses Dragos Tudorache sagte: „Unsere künftige globale Wettbewerbsfähigkeit im digitalen Bereich hängt von den Regeln ab, die wir heute aufstellen. Diese Regeln müssen im Einklang mit unseren Werten stehen: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Grundrechte und Achtung der regelbasierten internationalen Ordnung.

Dies zu erreichen ist von größter Bedeutung, denn der Kampf zwischen Autoritarismus und Demokratie wird immer schärfer – und leider auch todbringend, wie wir beim ungerechtfertigten Einmarsch Russlands in die Ukraine gesehen haben.“

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