Rheumatologen und COVID-19

Medikation bei Rheumakranken auch in Corona-Pandemie fortführen!

Patienten mit Rheuma aber auch deren betreuende Ärzte sollten wegen Corona nicht die medikamentöse Therapie absetzen, rät die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Diese Empfehlung soll auch mit Daten aus einem Online-Register untermauert werden.

Anke ThomasVon Anke Thomas Veröffentlicht:
Professor Christof Specker rät: Bei Rheumapatienten sollte die Therapie wegen der Coronapandemie nicht abgesetzt werden.

Professor Christof Specker rät: Bei Rheumapatienten sollte die Therapie wegen der Coronapandemie nicht abgesetzt werden.

© Wolfram Schroll

Berlin / Essen. Wie sich eine COVID-19-Infektion bei Rheumakranken auswirkt, dazu gibt es bislang kaum wissenschaftliche Erkenntnisse.

„Ob Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen besonders gefährdet sind, sich mit dem Virus zu infizieren und ob sie – im Falle einer Infektion – ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf der Viruserkrankung haben, ist Stand heute weitestgehend unbekannt“, erklärt Professor Hendrik Schulze-Koops, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh) per Pressemitteilung.

Die DGRh rät auf jeden Fall Rheumapatienten dazu, die Abstands- und Hygieneempfehlungen des Robert Koch-Instituts strikt einzuhalten. Außerdem sollte in keinem Fall die laufende Medikation aus Angst vor einer Ansteckung mit COVID-19 wegen Immunsuppression abgesetzt werden, betont auch Professor Christof Specker, Direktor der Rheumaklinik an den Kliniken Essen-Mitte.

134 Rheumatologen registriert

Erkenntnisse – auch zur medikamentösen – Therapie bei Rheumapatienten, die an Corona erkrankt sind, erhofft sich die DRGh von einem Online-Register, das sie zusammen mit der Universität Gießen Ende März an den Start gebracht hat. Hier sollen Rheumatologen anonymisiert Informationen von COVID-19-Patienten melden. Erste Daten liegen bereits vor.

Stand 27. April 2020 haben sich 134 Rheumatologen registriert. 67 davon haben Daten von 113 ihrer Patienten, die sich nachweislich mit dem Coronavirus infiziert haben, an das Register gemeldet.

Von den 113 gemeldeten, sind 70 Patienten wieder genesen, sieben sind verstorben. Bei den übrigen Patienten stehen die Angaben zum weiteren Verlauf der COVID-19-Erkrankung noch aus.

Die Gestorbenen litten – neben Rheuma – allesamt unter weiteren Erkrankungen (Bluthochdruck, Lungen- oder Herzerkrankung etc.) und waren bis auf zwei Ausnahmen zwischen 70 und 80 Jahren alt. Die beiden etwas jüngeren Verstorbenen wiesen auch eine Tumorerkrankung in der Vorgeschichte auf.

Außergewöhnlich viele Männer

„Drei der sieben Verstorbenen waren Männer“, betont Specker, der auch Leiter der Ad hoc Kommission der DGRh zum COVID-Register ist, im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“. Die Kommission ist gemeinsam mit einem Team um Professor Ulf Müller-Ladner, Leiter der Rheumatologie an der Uni-Gießen, für die Durchführung und wissenschaftliche Begleitung des Projekts verantwortlich. „Das Ergebnis ist deshalb etwas überraschend“, da deutlich mehr Frauen an Rheuma erkranken als Männer“, so Specker weiter.

Eine Besonderheit des COVID-19-Rheuma-Registers ist, dass in diesem auch der Ausgang der erkrankten Patienten im Verlauf erfasst werden kann. Wenn ein Rheumatologe die Daten eines Patienten meldet, wird er nach zwei oder vier Wochen erinnert, die weitere Entwicklung mitzuteilen, sagt Specker.

Zur Entlastung des Arztes ist es auch möglich, Patienten die Telefonnummer eines Rheumatologen an der Uni-Gießen zu geben, der die Daten erfragt und so für das Register erfasst.

Ziel sind Daten von 1000 Patienten

Angesichts der Tatsache, dass rund 700 Rheumatologen in Deutschland tätig sind, zeigt sich die DRGh mit dem Engagement ihrer Mitglieder sehr zufrieden. Ziel des Projektes ist die Erfassung von rund 1000 COVID-Patienten.

Damit erhofft sich die DRGh dann auch Aussagen zum Einfluss der medikamentösen Therapie von Rheumapatienten zu gewinnen. Denn mit modernen Arzneimitteln, so Specker, sind bei den meisten der bisher untersuchten Infektionen, die Risiken eher geringer, als zum Beispiel bei einer Behandlung mit Kortison.

Diese Vermutung soll mit den Daten des Registers untermauert werden. Fünf von den sieben bislang verstorbenen Patienten, die gemeldet wurden, erhielten Cortison.

In jedem Fall, betont Specker, sollten Rheumapatienten ihre Therapie nicht aus Angst vor dem Coronavirus reduzieren oder absetzen. Diese sollte nur bei nachgewiesener Infektionserkrankung pausieren.

„Wenn es durch Reduktion der Medikamente zu einem Schub der Rheumaerkrankung kommt, müssen meist wieder höhere Dosierungen von immunsuppressiven Medikamenten und auch mehr Kortison eingesetzt werden“, betont auch Schulze-Koops.

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