Gesetzentwurf

Regierung will bei Kindern Op zur Geschlechtsanpassung verbieten

Die Regierung will intersexuellen Menschen selbstbestimmte Entwicklungschancen verschaffen. Einer Op im frühen Kindesalter soll der Riegel vorgeschoben werden. Das Vorhaben ist unter Ärzten umstritten.

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Was bin ich? Nach Schätzungen haben bis zu 160.000 Menschen in Deutschland kein eindeutiges Geschlecht.

Was oder wer bin ich? Nach Schätzungen haben bis zu 160.000 Menschen in Deutschland kein eindeutiges Geschlecht.

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Berlin. Bis zu 160.000 Menschen in Deutschland haben laut einer Schätzung des Bundesverfassungsgerichts kein eindeutiges Geschlecht. Wie viele intersexuelle Neugeborene tatsächlich kurz nach der Geburt mit dem Ziel operiert werden, ihnen ein eindeutiges Geschlecht zu verschaffen, ist nicht bekannt.

Ein aktueller Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht nun ein Verbot solcher Operationen vor. „Eingriffe, die warten können, bis das Kind selbst einwilligungsfähig ist, haben zu unterbleiben“, heißt es im Kabinettsentwurf eines Gesetzes, der aktuell im Bundestag beraten wird. Bei einer Expertenanhörung gingen die Meinungen von Ärzten zu den Regierungsplänen auseinander. Die Bundespsychotherapeutenkammer stellt sich hinter den Entwurf.

„Intersexuelle Kinder sind körperlich und psychisch gesunde Kinder. Ihnen per Operation ein eindeutiges Geschlecht zu geben, kann zu schweren traumatischen Erfahrungen führen“, erklärte der Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer Dr. Dietrich Munz zum Entwurf. Dies sei vor allem dann der Fall, wenn die später entwickelte Geschlechtsidentität nicht mit der operativ herbeigeführten übereinstimme.

Einwilligungsfähig ohne Altersgrenze

Nach den Regierungsplänen sollen Eltern nicht mehr in Behandlungen einwilligen dürfen, die das körperliche Erscheinungsbild des betroffenen Kindes an das männliche oder weibliche Geschlecht angleichen sollen. Diese Entscheidungen sollen bis zur Einwilligungsfähigkeit des Kindes aufgeschoben werden.

Wo die Altersgrenze gezogen werden soll, ist umstritten. Der Regierungsentwurf sieht sie zwischen dem 12. und dem 16. Lebensjahr, verzichtet aber auf eine konkrete Festsetzung. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme das zehnte Lebensjahr in Spiel gebracht. Grundsätzlich sollen die Familiengerichte vor einem Eingriff hinzugezogen werden müssen und diesen genehmigen.

Bundeärztekammer verweist auf Leitlinien

Die Vertreterin der Bundesärztekammer Dr. Wiebke Pühler monierte, dass dem Regierungsentwurf die nicht durch Daten belegte Vermutung zugrunde liege, dass auch nach der Überarbeitung der medizinischen Leitlinien noch geschlechtsangleichende Operationen ohne Indikation vorgenommen würden. Ein Operationsverbot zum Beispiel bis zum 14. Lebensjahr entspreche nicht dem Stand der medizinischen Wissenschaft.

Die Vertreterin der Kinderendokrinologen Professorin Annette Richter-Unruh sieht die Regierung auf dem richtigen Weg. In der Summe bescheinigten die Sachverständigen dem Gesetzentwurf hohen Veränderungsbedarf. Es fehle zum Beispiel die Meldepflicht von Operationen an ein unabhängiges Register, hieß es. (af)

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