Praxismanagement
HNO-Verband meldet „desolate Personalsituation“ in Praxen
Gehalt und Arbeitsbedingungen sind die wichtigsten Stellschrauben der Mitarbeiterbindung. An beiden beliebig zu drehen, sind nur die wenigsten Praxisinhaberinnen und -inhaber in der Lage.
Veröffentlicht:Neumünster. Der Berufsverband der HNO-Ärzte schlägt Alarm: Eine Mitgliederbefragung belege aktuell eine „desolate Personalsituation in der ambulanten HNO-Heilkunde“. Die Hälfte aller Fachpraxen suche derzeit Medizinische Fachangestellte; durchschnittlich seien dort eine bis drei Stellen unbesetzt.
Der Berufsverband beruft sich auf eine Online-Erhebung in der letzten Juniwoche, an der sich 790 Ärztinnen und Ärzten beteiligt hätten, wobei jeweils nur ein Arzt pro Praxis zugelassen war. Über die Hälfte der Teilnehmer (54 Prozent ) ist den Angaben zufolge in Einzelpraxen tätig, 43 Prozent in Gemeinschaftspraxen.
Danach haben fast zwei Drittel der HNO-Praxen in den zurückliegenden zwölf Monaten Mitarbeiter verloren – „an Praxen anderer Fachrichtungen, an Krankenhäuser sowie an den Öffentlichen Gesundheitsdienst oder Kassen“. Wobei nach Versicherung der Befragten überwiegend arbeitnehmerseitig gekündigt worden sei. In jeweils weniger als zehn Prozent der Fälle seien MFA gekündigt worden oder in Rente gegangen.
Bezahlung selten unter Tarif
36 Prozent der berichteten Kündigungen auf Wunsch des Arbeitnehmers wurden mit „zu geringem Gehalt“ begründet. „Zu viel Arbeit“ war der zweithäufigste Grund (35 Prozent Zustimmung). Aggressive oder unfreundliche Patienten gaben laut Umfrage in 28 Prozent der Fälle den Ausschlag für die Fachangestellte, der Praxis den Rücken zu kehren.
Zur Gehaltssituation heißt es, dass knapp 38 Prozent der befragten HNO-Ärztinnen und -Ärzte versicherten, ihre MFA nach Tarif zu bezahlen. Knapp 51 Prozent zahlten laut Selbstauskunft sogar übertariflich. „Selbst bei ordentlicher Bezahlung, können viele HNO-Ärzte den Konkurrenzkampf um Fachpersonal mit anderen Einrichtungen oder Berufszweigen nicht bestehen“, so das Fazit des Verbandes.
Infolge der akuten Personalnot nähmen Wartezeiten für Patienten zu und könnten „bereits heute weniger Untersuchungen angeboten werden“. Um den Fachkräftemangel in der ambulanten Versorgung „nachhaltig“ zu beheben, müsste nach Ansicht des HNO-Verbandes „der Personalkostenanteil in der ärztlichen Vergütung neu angesetzt werden.
„Verwaltung darf nicht mehr kosten als Versorgung“
HNO-Präsident Jan Löhler: „Grundlage für die Kalkulation sollte das Durchschnittsgehalt von Sozialversicherungsfachangestellten werden. Dies muss im Vorfeld zwischen den Tarifparteien vereinbart und anschließend von den Krankenkassen bei der jährlichen Honorarrunde eingefordert werden: Verwaltung darf nicht mehr kosten als Versorgung.“
Löhler verweist auf die Gehaltsstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Danach verdienten MFA in Praxen durchschnittlich 2.778 Euro Brutto im Monat, in Kliniken 3.944 Euro. „Der mittlere Lohn von MFA, die bei gleicher Qualifikation als Sozialversicherungsfachangestellte bei einer Krankenkasse arbeiten, beträgt sogar 4.282 Euro – also 54 Prozent über dem Verdienst in der Arztpraxis.“ (cw)